Zank auf den Weltmeeren

Festgehaltene Kutter, Streit um Bodenschätze und Fischfang: Was der Internationale Seegerichtshof ISGH bisher so alles zu verhandeln hatte

1997 sprach der Internationale Seegerichtshofs (ISGH) das erste Mal Recht – damals noch in seinen weniger repräsentablen Räumen in der Hamburger Innenstadt. Die Grenadinen und St. Vincent hatten damals einen Antrag auf sofortige Freigabe des Tanklastschiffes „MS Saiga“ eingereicht, das von guineischen Patrouillenbooten festgehalten wurde. Zwei Besatzungsmitglieder hatten bei tätlichen Auseinandersetzungen schwere Verletzungen erlitten. Die Richter des ISHG entschieden, Guinea habe das Schiff sofort freizugeben.

Fälle zwischen zwei Staaten, in denen Schiffe festgehalten werden, gehören zu den Standardfällen des Gerichtshofes. Doch auch andere Konflikte zwischen privaten Parteien und Staaten – etwa um Fischereigebiete oder Bodenschätze – fallen in seinen Entscheidungsbereich. So verhandelte er auch den Streit zwischen Chile und der Europäischen Union um die Ausbeutung von Schwertfischbeständen im Südostpazifik.

Der bekannteste Fall des Gerichts war bislang wohl der Konflikt zwischen Irland und England. Die Iren wehrten sich im Jahr 2001 gegen den Plan der Engländer, die Produktion in der Atomfabrik Sellafield auszuweiten. Nach Angaben der Umweltschutzorganisation Greenpeace gehörte der Meeresabschnitt zwischen den beiden Inselstaaten zu den radioaktiv verseuchtesten Gewässern der Welt. Nachdem es zu Zwischenfällen in der Atomanlage gekommen war, reichten die Iren Klage gegen deren Erweiterung ein. Der ISGH entschied dann allerdings zugunsten Englands: Es sei nicht zu erkennen, dass irreparable Schäden für die Irische See zu erwarten seien.

Die vorerst letzten beiden Fälle erlangten alleine schon dadurch eine gewisse Medienpräsenz, dass es die ersten seit 2004 überhaupt waren. Die russische Marine hatte am 1. Juni dieses Jahres den japanischen Fischkutter „Hoshinmaru“ gestoppt. Sie brachten den Kutter samt Besatzung in einen sibirischen Hafen und hielten ihn dort fest. Die Russen warfen den Fischern vor, Rotlachs als eine billigere Lachsart ausgegeben zu haben. Japan forderte die sofortige Freigabe des Schiffes, die Russen wollten den Antrag für unzulässig erklären lassen.

Am 6. August verkündete der ISGH-Präsident Rüdiger Wolfrum das einstimmige Votum: Die Russen hätten den Kutter mit der 17-köpfigen Besatzung unverzüglich freizulassen. Im Gegenzug musste Japan eine Sicherheitsleistung von umgerechnet rund 392.000 Dollar zahlen.

Neben dem Fall Hoshinmaru mussten die 21 Richter auch den Fall Tomimaru entscheiden. Dabei ging es ebenfalls um einen japanischen Fischkutter, der allerdings bereits am 31. Oktober 2006 von Russen festgehalten wurde. In diesem Fall aber erklärten die Richter, dass sie nicht zuständig seien: Das oberste russische Gericht hatte in der Sache bereits entschieden. BIS