Hamburg ist Mode

Mit der Stadt als Marke lassen sich prächtig Szene-Klamotten verkaufen, nicht nur im Norden. „Hamburg ist die Stadt, die am wenigsten polarisiert“, sagt die Textilmanagerin Sandy Baumgarten. Ihre Szene bietet kleinen Unternehmen den Raum, kreativ zu sein und auch davon zu leben

Die Hamburg-Jacken kommen gerade wieder. „Zurzeit schreiben uns viele Endverbraucher: Wo bleibt denn unser Hamburg?“, sagt Sandy Baumgarten vom lokalen Modelabel Derbe. Nachdem der Hype von 2003 etwas abgeflaut sei, erlebten die Anziehsachen mit Verweisen auf Hamburg gerade ihr erstes Revival.

„Das hat bei mir angefangen“, behauptet Thomas Horn, der die Barmbeker Mini-Modefirma Psykoman mit seiner Frau seit 1988 betreibt. Sie lassen sich T- und Sweat-Shirts liefern und bedrucken sie mit selbst oder von befreundeten Künstlern entworfenen Motiven und Sprüchen. Verkauft werden die Sachen im Psykoman-Laden im Borgweg, in kleinen Souvenir- und Szeneläden etwa in der Schanze. „Wir haben immer nur an die Szene verkauft“, sagt Horn.

Die Sachen mit dem Hamburg-Wappen sind wohl die konventionellsten aus der Psykoman-Kollektion. Sprüche wie „Reden Sie langsam, ich bin blond“ oder „Kleine Drecksau“ gehören zur den bekannteren auf Horns T-Shirts. „So subversive Sachen“, wie Horn es ausdrückt, seien das Programm seiner kleinen Firma. Aktueller Renner unter den Motiven ist der Pudel: ein Pudel statt einer Wildkatze über dem Puma-Schriftzug. Auch „Gegen Nazis“-Klamotten hat Psykoman bedruckt.

Während sich Psykoman für einen Nischenmarkt entschieden hat, zielt Derbe auf den Mainstream. „Wir wollten ein deutsches Label machen“, sagt Inhaberin Sandy Baumgarten. Nach wie vor gebe es aber eine hohe Hemmschwelle, die deutschen Nationalfarben zu tragen. Also entschieden sich Baumgarten und ihr Partner Thomas Köhlert für eine Marke mit lokalem Bezug.

Auf den Namen ist Köhlert während einer Autofahrt gekommen, erzählt Baumgarten. In einem Interview mit den Rappern von Fünf Sterne de luxe war jedes dritte Wort „derbe“. Das erste Derbe-Produkt war 2001 eine Trainingsjacke mit dem Hamburg-Wappen vorn und dem Schriftzug „derbe“ auf der Rückseite.

„Wir waren die Ersten, die das kommerziell umgesetzt haben“, behauptet Baumgarten. Die Jacke habe eine richtige Welle losgetreten. Auf die sprang dann auch die Friseurkette Cut for Friends auf, die Jacken mit dem Schriftzug „Hamburg“ im großen Stil vermarktete. Baumgarten und Köhlert richteten ihre Kollektion am Anfang konsequent auf das lokale Publikum aus, etwa auf St. Pauli-Fans. Mit der Zeit haben sich die Kleidungsstücke aber auch in Süddeutschland immer besser verkauft. Das liege wohl an den Exil-Hamburgern, vermutet Baumgarten – und am guten Ruf der Stadt. „Hamburg ist eine der Städte, die am wenigsten polarisieren“, glaubt Baumgarten. „Es hat eigentlich niemand was gegen Hamburg.“ GERNOT KNÖDLER