Hinten wird’s hart: Auch Rollkoffer können radeln

GEPÄCKABLAGE Immer mehr Utensilien verschwinden in Containern. Die sind formstabil und wasserfest

Solche Behältnisse werden nicht gerade überschwänglich ans Herz gedrückt, jedoch als Ergänzung genutzt

Radtouristen und Radtaschen – das gehört zusammen wie Bundestagsabgeordneter und Rollkoffer. Radtaschen lassen sich vollstopfen, bis die Nähte krachen. Vor allem die XL-Versionen am hinteren Gepäckträger stehen für „Rein und los“, für unbekümmerten Umgang mit dem Transportgut. Doch nun die Härte: Jetzt verfallen namhafte Hersteller aufs bruchsichere Material. Der velophile Verbraucher hat solche Behältnisse nicht gerade überschwänglich ans Herz gedrückt, doch als Ergänzung zu den herkömmlichen Soft Bags gelten sie schon.

Die Produkte der Firma Haberland, seit gut 25 Jahren auf Packtaschen spezialisiert, müssen allerdings kombiniert werden. Sein steifes Topcase „Touring 6000“ bildet mit herkömmlichen Seitentaschen ein Ensemble. Verbunden wird mit Schließschnallen. Wer den geräumigen Koffer (32 Liter Volumen, knapp 65 Euro) auf dem Gepäckträger allein mitführen will, müsste schon zum Spanngurt oder Strick greifen – keine wirklich gute Idee. Die Polycarbonatwanne ist übrigens kaschiert, man hat ihr einen Stoffüberzug mit Reißverschluss verpasst. Außen sitzende Befestigungsösen erlauben es, aufs voluminöse Topcase noch ein Zelt draufzusatteln.

Das sieht bei Rixen & Kaul schon etwas anders aus, aber die sind ja auch bekannt für „Klickfix“, ein Schnellbefestigungssystem. So wird ihre „Citybox“ auf einem Gepäckträgeradapter eingeklinkt, sozusagen im Handumdrehen. Alternativ könnte die Halteplatte auch einen Korb aufnehmen, zusätzlich kann sie mit seitlichen Taschen behängt werden. Doch das Multifunktionsding kostet allein schon an die 30 Euro und muss erst mal auf dem Gepäckträger angeschraubt werden. Die Box selbst (149 Euro) ist ihrem Namen entsprechend -eher für den Stadtverkehr oder den Wochenendausflug geeignet, mehr als 22 Liter fasst sie nicht. Hergestellt aus ABS, einem Kunststoff, den der Hersteller als „schlagzäh“ lobt. Er hat seine Box zudem noch mit Aluprofilrahmen verstärkt und mit Schloss und Tragegurt ausgestattet.

Vor allem die Firma Ortlieb scheint von der neuen Härte viel zu halten. Neben zwei kleineren Boxen, die ebenfalls auf dem Gepäckträger mit (hier mitgeliefertem) Adaptersystem befestigt werden, hat sie eine „Tour-Box“ entwickelt (19 Liter, etwa 100 Euro). Das ist ein silberner Fahrradseitenkoffer im Stil des gehobenen Business-Equipments, der dank Schultergurt (abnehmbar) und Tragegriffen auch ohne Rad leicht zu handeln ist. Ortlieb hat sich bei seinen Härtefällen ausschließlich fürs Polycarbonat entschieden. Und damit für einen widerstandsfähigen und elastischen Thermoplast, dem selbst durch gezielte Tritte kaum beizukommen wäre. Flexibel, wie das Material ist, springt es wieder in seine ursprüngliche Form zurück. Dennoch ist Polycarbonat sehr leicht und auch noch vollkommen wasserdicht.

Und damit der Reiseradler an der Rezeption seines Bett & Bike-Hotels korrekt vorrollen kann, hat Ortlieb aus dem Material auch zwei Trolley-Varianten hergestellt. Inklusive der üblichen Accessoires: kleinen Rollen am Boden und Teleskopgriff. Mit dem Modell „Shuttle Bike“ würde auch der Abgeordnete aus Wanne-Eickel-Nord hurtig zum ICE eilen können, doch an sich ist es für die Radtour gemacht. Das edle Stück wiegt ganze 2.800 Gramm, fasst 25 Liter, kostet allerdings nahezu 170 Euro. Der Adapter für den Gepäckträger ist im Lieferumfang enthalten, und der verkraftet auch noch zwei seitliche Radtaschen (oder halt „Tour-Boxen“). Mit dem „Shuttle-Bike“ erhält man nicht nur eine harte Schale in Design-Qualität und mit Zahlenschloss, sondern auch einen Innenraum mit gepolstertem Futter, Kreuzspanngurt und separaten Taschen. Für das Reinstopfen von T-Shirts und Radlerhose viel zu schade. Aber wer behauptet denn, dass sich Radtouristen immer nur in anspruchsloser Funktionskleidung präsentieren möchten?

ELLEN DELESE