Anlagetipps für geistiges Kapital

NACHHALTIGKEIT Der Sammelband „Kapital = Geist“ porträtiert anthroposophisch orientierte Unternehmen, die Auswege aus der Wirtschaftskrise weisen

Nachhaltiges Wirtschaften lohnt sich – das hat nicht zuletzt die Finanzkrise noch einmal sehr deutlich gemacht. Wurden anthroposophisch orientierte Unternehmer lange Zeit eher belächelt, sind sie in kurzer Zeit zu Best-Practice-Beispielen geworden. Für viele von ihnen dürfte das eine Genugtuung sein – denn jetzt hört ihnen endlich einmal jemand zu.

So ist etwa der Chef der Drogerie-Kette dm, Götz Werner, inzwischen landauf, landab ein vielgefragter Referent, nicht nur, wenn es etwa um das Thema „Grundeinkommen“ geht. Die Geheimtipps von Börsengurus darf man von solchen Menschen natürlich nicht erwarten. Um Gewinnmaximierung in möglichst kurzer Zeit geht es ihnen nicht. Sie folgen der inneren Überzeugung, dass der Markt alleine keinen Sinn macht. Er ist auf den Menschen angewiesen – als schöpferischen Gestalter von Produkten und Beziehungen, deren Nachhaltigkeit auch mit der Ressource Sinn zu tun hat. Das kann der Einklang von Mensch und Natur sein, soziale Verbindlichkeit oder eine Wertorientierung, die über den reinen Konsumnutzen hinausweist.

In anthroposophisch inspirierten Unternehmen, das zeigen die Porträts in dem von Jens Heisterkamp herausgegebenen Band „Kapital = Geist“, ist der Mensch nicht einfach Mittel zum Zweck – sei es als Mitarbeiter oder Kunde –, sondern immer schon das Ziel selbst. Der ganzheitliche Ansatz zahlt sich für die Firmen auch finanziell aus, gehören sie doch zu den Gewinnern der gegenwärtigen Krise.

So konnte die Biosupermarktkette Alnatura ihren Umsatz im vergangenen Jahr um 24 Prozent erhöhen, während die Biobranche insgesamt nur um 10 Prozent wuchs. Die GLS Bank verkündete im Juni 2009 gar ein Wachstum der Bilanzsumme um 35 Prozent. Die in „Kapital = Geist“ vorgestellten Unternehmen, darunter nationale und internationale Größen wie die Drogeriekette dm, die Biosupermarktkette Alnatura, der Anbieter von Naturbekleidung hessnatur oder die GLS Bank, zeigen, wie sich viele verschiedene alternative Ansätze im Wirtschaftsalltag bewährt haben – materiell erfolgreich, aber eben nicht nur vom Kommerz getrieben.

Ihre Produkte, aber auch ihre Leitungsmodelle und Eigentumsverhältnisse weisen einen Innovationsgrad auf, der viele Fragen beantwortet, die erst durch die Krise ins öffentliche Bewusstsein gedrungen sind. Wenn man die Kreditkrise im Wortsinn als Glaubwürdigkeitskrise des gegenwärtigen Wirtschaftssystems begreift, findet man in den zwölf Alternativbeispielen von „Kapital = Geist“ zwölf interessante Auswege. RADO KAMINSKI

■ Jens Heisterkamp (Hg.): „Kapital = Geist. Pioniere der Nachhaltigkeit“. info3, Frankfurt a. M. 2009, 176 Seiten, 24 Euro