Idylle in der Stadt

MIETERGÄRTEN In den Innenhöfen der Großstädte ist oft Platz genug für einen Garten. Man muss nur etwas daraus machen, wie ein Beispiel aus Hamburg-Winterhude zeigt

Die wahren Oasen verstecken sich, geschützt vor Lärm und Schmutz, hinter den tristen Fassaden der Wohnanlagen

VON LISA FRANKENBERGER

Das Leben in der Stadt hat viele Vorteile. Es ist komfortabler, oft liegt die U-Bahn vor der Tür, die Geschäfte haben lange auf und es ist immer was los. Doch was zwischen Hektik und Straßenlärm oft zu kurz kommt, ist die Naherholung. Obwohl etwa Hamburg von der EU-Kommission zur „European Green Capital 2011“ gewählt worden ist, sieht man im alltäglichen Straßenbild nur wenig Grün. Das kann daran liegen, dass sich die wahren Oasen, geschützt vor Lärm und Schmutz, hinter den tristen Fassaden der Wohnanlagen verstecken.

Viele Wohnanlagen aus dem 19. Jahrhundert und Hochhäuser der 60er Jahre haben einen großen Innen- oder Hinterhof, der sich sehr gut für einen Garten eignet.„In Hamburg gibt es unglaublich viele Innenhofgärten“, sagt der Pressesprecher der Siedlungs-Aktiengesellschaft Hamburg (Saga), Carl Mario Spitzmüller. Die meisten dieser Gärten pflegt die Wohnungsbaugesellschaft selber. Doch manchen Mietern reicht es nicht, eine fertiggestellte Wiese im Innen- oder Hinterhof zu haben. Ihnen fehlt die Gelegenheit zum Anpacken.

Deswegen versuchen die Wohnungsbaugesellschaften in Hamburg, die „Mietergärten“ zu unterstützten. Oft gehört zu den Erdgeschosswohnungen ein Garten. Den muss der Mieter selber pflegen und darf ihn selber nutzen. Die Gesellschaften wollen aber auch die Gemeinsamkeit ihrer Mieter fördern. Deswegen gibt es in den Innenhöfen oft große Grünflächen mit Bänken und Spielplätzen. Die Verantwortung für die Pflege liegt dann meistens bei den Gesellschaften. In einigen Fällen aber kümmern sich die Bewohner selber um ihr Grün und gestalten es – in Absprache mit den Vermietern – nach eigenen Vorstellungen.

Einmal im Jahr startet die Saga deswegen in einigen Stadtteilen die Aktion „Blumen pflanzen“. Ein Landwirt liefert dann Blumen, mit denen die Mieter sich die Beete selber gestaltet dürfen. Das steigert die Zufriedenheit, die Verbundenheit mit der Wohnung und sichert der Saga langfristige Mieter.

Eckard Pahlke vom Mieterverein zu Hamburg findet, dass es noch zu wenige solcher Gärten gibt. „Vielleicht kommt auf jede hundertste Wohnung ein Garten“, schätzt er. Juristisch habe der Mieter nur ein Recht auf die Gartenmitnutzung, wenn dies in Hausordnung geregelt ist. Zu oft dürfen nur die Mieter der Erdgeschosswohnungen die Grünflächen nutzen.

In Winterhude gibt es einen wunderschönen Innenhofgarten. In der Wohnanlage im Kronskamp hat der Landschaftsplaner Konrad Hötker sich dafür eingesetzt, die große Grünfläche im Innenhof gestalten zu dürfen. Er selber wohnt in dieser Anlage. Der Eigentümer des Hauses hatte nichts gegen eine schöne Gestaltung, und so entstand vor zehn Jahren ein Erholungsraum vor der Haustür. Die Ausführung hat Hötker überwiegend selbst übernommen, und die 14 Parteien im Haus freuen sich über das Angebot und schießen manchmal ein wenig Geld zum hauseigenen Garten dazu. „Als ich angefangen habe, war der Garten alles andere als schön,“ sagt Hötker. Mittlerweile aber ist eine grüne Oase mitten in der Innenstadt daraus geworden, die jedem Mieter eine eigene Rückzugsfläche biete. Im Garten gibt es einen Grillplatz, eine Sandkiste und genügend Sitzmöglichkeiten, umgeben von Blumen, Sträuchern – und der grünen Wiese.