Transsylvanisches Gold

NATURPRODUKT Der Hamburger Daniel Neculai ist Imker mit einem exklusiven Angebot: Jedem, der sich seinen rumänischen Honig nicht leisten kann, bringt er das Imkern bei

Seine hundert Bienenstöcke hat Neculai in Transsylvanien

VON RAUL JORDAN

Die Fahrstuhltür öffnet sich. Leere Gänge führen ins Innere eines Lagerhauses im Hamburger Schanzenviertel. Am Ende des Ganges verschließt ein Vorhängeschloss den Kühltrakt. Dahinter, so groß wie ein durchschnittlicher Wohnhauskeller, ist das Lager von Daniel Neculai, 38, gebürtiger Rumäne aus Hamburg und Imker aus Berufung. Hier steht sein teures, flüssiges Gut aus Transsylvanien.

Daniel Neculai liefert Honig an Spitzenhotels in ganz Deutschland. In Berlin zählt das Adlon zu seinen Kunden, in Hamburg bekommen die Küchen des Vier Jahreszeiten und des Hotel Steigenberger sein rumänisches Berggold. Auch Gourmetrestaurants wie das Fischereihafen Hamburg kaufen bei ihm ein. Soßen, Desserts und Dressings erhalten süße Noten durch seinen Honig.

Imker zu werden konnte sich Neculai nicht aussuchen, sagt er von sich. Seine dunklen Augen suchen dabei stetig Blickkontakt. „Das ist eine Familiengeschichte. Schon als Kind sprach mein Großvater mit mir über Bienen.“ Mit drei Jahren wurde er zum ersten Mal von einer gestochen, sagt er. „Und dreißig Jahre später bin ich wieder gestochen worden.“ Gern erzählt Neculai, und redet dann gleichmäßig und eindringlich. „Da hab ich mich an meine Kindheit erinnert und wusste, was ich tun will. In der Natur sein, frei, mein eigener Chef.“ Seine Arbeit als Werbekaufmann und Modefotograf hatte sich damit erledigt.

Drei Sorten Honig stellen Neculais Bienen her: Akazie, Linde und Sommerwiese. Akazie wird im Mai und Juli gesammelt. Juni und Juli ist Lindenzeit und zwischen Juli und August entsteht der Sommerwiesenhonig. Die Erntezeit ist abhängig von der Höhe und Lage der Imkerei. „Schon ein paar Kilometer weiter kann es sein, dass die Akazien zwei Wochen später blühen.“ Guter Honig ist ein Saisonprodukt.

Der Weg zu seinen hundert Bienenstöcken ist beschwerlich. Schotterpisten führen hinauf in die Vorläufer der Südkarpaten im transsylvanischen Gürtel, 2.500 Kilometer von Hamburg entfernt. Grüne Hügel, Berge und Mischwälder prägen die Umgebung, gelegentlich schmiegen sich Höfe und Schäferhütten an die Hänge. Nur vereinzelt sind Menschen vor ihren Häusern zu sehen.

„Hier gibt es keine Landwirtschaft, weil die Gegend zu bergig ist. Die Trecker gehen kaputt. Keine Landwirtschaft bedeutet keine Düngemittel und keine Pestizide. Die Flora ist vielseitig geblieben wie vor hundert Jahren und damit auch die Insekten, welche Parasiten vertilgen. In Monokulturen wie in Deutschland fehlen solche Insekten irgendwann. Dann werden die Bienen von Parasiten befallen, und die Imker müssen Medikamente einsetzen. Wir verwenden keine Medikamente.“

Am liebsten wäre ihm, ganz ohne Imkerei zu arbeiten. In Thailand, so erzählt er, gibt es Imker, die keine Bienenstöcke haben. Sie beobachten nur die Natur und sehen, wo Bienen sind. Dann gehen sie da hin und nehmen sich einen Teil. „Eigentlich bin ich ein Zerstörer. Ich arbeite gegen meine eigene Ideologie. Für Bienen ist ein Bienenstock Stress. Auch Krankheiten übertragen sich schneller. Das sind zu viele Bienen auf einen Haufen“, sagt Neculai.

Neculais Honig kostet zehn bis fünfzehn Mal so viel wie die gängigen Produkte im Handel. Doch er hat ein Angebot. „Jedem, der zu mir kommt und sagt, ich möchte auch diesen Honig, aber ich kann mir das nicht leisten, sage ich: ‚Du kannst mit nach Rumänien kommen und imkern.‘ Oder ich zeige dir hier in Hamburg wie das geht. Die Leute sollten ihren eigenen Honig machen.“

Zehn verschlossene Kartons stehen auf dem Boden. Neculai klappt die Deckel hoch. In jedem von ihnen ein Hobock. 40 Liter fassen solche Behälter. Sie sind speziell für Imker hergestellt und vom Deutschen Imkerverband empfohlen. Das Material gibt keine Bitterstoffe ab wie andere Kunststoffe. „Wenn das nicht stimmt, folgen rechtliche Schritte.“ Er lacht kurz auf. „Ich lasse meinen Honig in einem Labor überprüfen.“ Qualität hat bei seinem Kundenstamm die höchste Priorität.

Und ein Geheimrezept verrät er auch noch: Der „Transsylvanier“ – ein Liter Wodka plus vier Gramm Akazienhonig. „Das wirkt belebend“, Neculai zwinkert mit seinen Augen. Durch den Honig geht der Wodka schneller ins Blut, „wenn du mal was Großes vorhast“.