FÜHLT MAN ES?
: Im Durchgangsverkehr

DIE B-NOTE

KAMPF, PAPE, WINKLER, YÜCEL

Samstag, ca. 15 Uhr, Berlin-Neukölln: Selbst wenn Sommerpause ist, irgendwo wird immer gespielt. Und was gespielt wird, kann man wetten: Erste Liga in Schweden, Zweite in Norwegen, U17-WM in Mexiko. Aber Frauen-WM? „Tut mir leid“, sagt mein Buchmacher. Etwas besser aufgestellt ist die Konkurrenz: Den Weltmeister kann man tippen, die Gruppensieger und die ersten Spiele. Lausig, im Vergleich zum Angebot bei einer „richtigen WM“, wie sich der Mann vom Wettbüro ausdrückt. Lausig sind auch die Quoten. Wie die Nachfrage ist, will ich wissen. „Sie sind der Erste, der auf die Damen-WM setzen will.“ Wow! Als einziger Mann mit der Frauen-WM zum Wettkönig von Neukölln werden – ja, das will ich. DENIZ YÜCEL

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Samstag, ca. 23.15 Uhr, TV:

Zugegeben, ich bin eine Viertelstunde zu spät. Unwesentlich, denke ich. Aber Michael Steinbrecher spricht mit einem Motorradfahrer, dann kommt die Randsportart Golf. Dann singt eine Popband einen Song, der „Wovon sollen wir träumen“ heißt. Steinbrecher sagt, den werden wir in den nächsten drei Wochen auswendig lernen. Die Sängerin hat etwas so Enges an, dass es sie nackter als nackt erscheinen lässt. Dann jongliert eine Trickfußballerin einen Ball. Dann bricht Sepp Blatter eine Pressekonferenz vorzeitig ab. Danach schießen zwei Jungs auf die Torwand. Und dann ist „Das Aktuelle Sportstudio“ vorbei. Am nächsten Tag beginnt die Weltmeisterschaft. THOMAS WINKLER

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Sonntag, 12.45 Uhr, Berlin-Potsdamer Platz: Um das Sony Center flanieren ganze Familien in einheitlich schwarz-rot-goldener Montur und fotografieren sich unter dem überdimensionalen Fußball, den die Deutsche Bahn aufgestellt hat. 70 Freizeitkickerinnen vom TUS Oeventrup aus dem Sauerland vertreiben sich die Zeit bis zum Anpfiff mit Sightseeing.

Als das erste beflaggte Auto an einer Ampel hält, widmen sie dem Fahrer eine La Ola. Ansonsten sind sie vom WM-Schmuck enttäuscht: „Berlin zeigt zu wenig Flagge.“ Da hat die Gruppe nebenan vorgesorgt: Ihre Lieblingsspielerin ist leicht zu erkennen: „Kerstin Garefrekes“ prangt in breiten Lettern auf ihrem Trikotrücken. Garefrekes war mal ihre Nachbarin, in Steinbeck bei Osnabrück. Am Abend spielt sie gegen Kanada: „Geiler geht’s nicht“. JUDITH PAPE

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Sonntag, 14.35 Uhr, Frankfurt am Main, „Fußballgärten“: Die Fanmeile ist eine Fressmeile, die Leinwände muss man zwischen Regenbogenbühne und Erdbeerbowle-Stand suchen. Statt Vorberichterstattung läuft Peter Alexander im ZDF. Karola Mayerhofer ist genervt: „Das ist eine Katastrophe hier“, sagt sie. Sie ist mit ihrem Fußballteam aus Rüsselsheim angereist. Alles viel zu klein, viel zu wenige Sitzgelegenheiten, sagt sie. Ihre Kollegin Melanie Wilhelm pflichtet ihr bei: „Hier ist kurz vor Anpiff immer noch Durchgangsverkehr“, und zeigt auf die vielen Menschen, die sich zwischen Rasenstreifen und der Flussbühne mit Leinwand vorbeidrängen, darunter viele Kinder im Deutschlandtrikot und vor allem junge Frauen mit aufgemalten Deutschlandfarben. LENA KAMPF