Der Boss hat keinen Bock

AZUBINEN Um so schön zu spielen wie die Japanerinnen, müsste sich einiges ändern im Nachwuchsbereich. Das weiß auch die Jugendtrainerin des FC Bayern, Roswitha Bindl

„Solange der Zuschauer nicht kommt, werden wir das nicht besonders fördern“

BAYERN-PRÄSIDENT ULI HOENESS

VON MARKUS VÖLKER

Es muss ja nicht gleich so kommen, dass sich junge Fußballspielerinnen künftig mit „Konnichi wa“ begrüßen und zum Abschied leise „Sayonara“ sagen. Aber eines ist nach fast drei Wochen WM klar: Der japanische Fußball hat Maßstäbe gesetzt. Wer gewinnen will, muss künftig auf ein flink zirkulierendes Kombinationsspiel setzen und entsprechend trainieren. Es kommt nun wohl viel Arbeit auf die deutschen Jugendtrainer zu, dabei hatte man noch vorm Weltmeisterschaftsturnier gedacht, dass alles in bester Ordnung ist. Ein Trugschluss, wie auch Roswitha Bindl weiß. Sie ist U17-Trainerin beim FC Bayern München, den Job macht die ehemalige Bayern-Spielerin seit neun Jahren ehrenamtlich. „Na ja, wir haben hier schon gewisse Möglichkeiten“, sagt sie, „aber ein Internat haben wir nicht, das ist ein großes Manko.“

Der FC Bayern spielt in der Ersten Bundesliga. In der abgelaufenen Saison ist das Team Fünfter geworden. Solides Mittelfeld. 200 bis 300 Zuschauer kommen zu den Heimspielen in den Sportpark Aschheim, wo 3.500 Fans Platz hätten. Der Etat entspricht einem Bruchteil der Profiabteilung, und neulich hat Bayern-Präsident Uli Hoeneß in einem Fernsehinterview gesagt, was er vom Frauenfußball in seinem Verein hält. „Wir machen im Leben nur das, was der Zuschauer will, und solange der Zuschauer nicht kommt, werden wir das nicht besonders fördern“, sagte der Bayern-Boss. In der Basketball-Sparte seines Vereins sitzt ihm das Geld lockerer, aber da kämen ja auch die Fans, so Hoeneß. Soll heißen: kein öffentliches Interesse an der Liga, kein Geld von Hoeneß.

Diese Haltung ärgert Trainerin Bindl ein bisschen. „Aber ich kann ja nicht sagen: Lieber Herr Hoeneß, stampfen Sie mal ein Internat aus dem Boden! Das wird er sowieso nicht tun.“ Gäbe es solch ein Internat, wäre auch die Zusammenarbeit mit einer Eliteschule des Sports einfacher. Derzeit gibt es bei den Bayern kein Junktim dieser Art, jedenfalls nicht in der Frauenabteilung.

Die Sportschule in Oberhaching böte sich an, aber ob es zur Kooperation kommt, ist noch offen. In ein paar Standorten klappt dieses Modell: in Potsdam, Bad Neuenahr oder Hoffenheim. Andere Bundesligisten wie der Hamburger SV melden lieber die zweite Frauenmannschaft ab, um Geld zu sparen. Die Profiklubs, einmal abgesehen von Hoffenheim, tun sich nicht eben hervor mit großen Investitionen. „Wir stoßen oft auf taube Ohren“, sagt Bindl, „wir werden zwar ganz gut unterstützt, aber da ist viel Luft nach oben.“

In ihrer Trainingsgruppe müssten manche Mädchen von weit her anreisen. Manchmal sind es 100 Kilometer. „Wie soll das gehen, wenn drei- bis viermal in der Woche trainiert wird“, fragt sie. Irgendwann lassen es diese Talente sein und sagen sich: Dieser Aufwand lohnt sich einfach nicht in einer Sportart, die mir eh nur eine unsichere Zukunft garantiert. Und Geld lässt sich eh kaum verdienen – auch wenn das Beispiel einer Fatmire Bajramaj, die mit einem geschätzten monatlichen Verdienst von 11.000 Euro künftig für den 1. FFC Frankfurt spielt, anderes vermuten lässt. Frauenfußball ist, bei allem aktuellen Hype, nur ein Amateursport. Die wenigen Halb- und Vollprofis ändern nichts an diesem Befund.

Bei Turbine in Potsdam, wo mustergültig mit jungen Spielerinnen gearbeitet wird, sind die Aussichten auch nicht immer so rosig, wie glauben gemacht wird. Derzeit sieht es so aus, dass keine Spielerin aus dem U17-Kader zum ersten Team aufrückt. Bei den Bayern sind es immerhin neun Spielerinnen, die zu den Erwachsenen gehen. In diesem Jahr hätte es Bindls Truppe sogar fast ins Finale geschafft, aber ein 0:0 im Gruppenspiel gegen Turbine hat nicht gereicht fürs Endspiel. Sie hätten diesen Erfolg gebraucht, um Hoeneß’ Wohlwollen zu wecken. Es wäre auch nicht schlecht gewesen, wenn Bundestrainerin Silvia Neid eine Bayern-Spielerin in den WM-Kader berufen hätte. Hat sie aber nicht.

„Wir bräuchten halt einen Herrn Hopp, der uns wie in Hoffenheim ein Trainingszentrum für 2 Millionen hinstellt“, sagt Roswitha Bindl. Vorerst muss sie darüber froh sein, dass ihr Team im kommenden Winter nicht mehr auf Eis und Schnee kicken muss. Der Kunstrasenplatz hat nämlich eine Rasenheizung bekommen.