„Ökonomie sollte dem Menschen helfen“

GENUSSWIRTSCHAFT Günter Faltin ist Gründer der Teekampagne, eines umwelt- und sozialverträglichen Teeversands. Sie verkauft nur eine Sorte: Darjeeling. Mittlerweile ist sie der weltgrößte Importeur

■ 67, Volkswirt und Professor für Entrepreneurship an der Freien Universität in Berlin. 1985 gründete er die Teekampagne, heute Marktführer im Teeversand. 2009 erhielt er den Deutschen Gründerpreis.

INTERVIEW TIZIANA MANELJUK

Herr Faltin, vor über zwanzig Jahren haben Sie die Teekampagne ins Leben gerufen. Ist die Idee dazu aus Liebe zum Tee entstanden?

Günter Faltin: Nein, die Idee entstand aus Interesse an einem interessanten Geschäftsmodell. Als Ökonom und Professor für Entrepreneurship habe ich einen Bereich gesucht, um zusammen mit meinen Studenten meine Theorie zu überprüfen: dass heute fast jeder das Potenzial hat, selbst ein Unternehmen zu gründen. Tee war dahingehend interessant, da es grotesk hohe Unterschiede zwischen den Einkaufs- und Verkaufspreisen gibt.

Warum Darjeeling und nicht Pfefferminz- oder Kamillentee?

Der Darjeeling ist der beste Tee der Welt. Den Preisunterschied zwischen Produktion und Verkauf konnte ich an ihm besonders gut verdeutlichen. Dazu hatte der First Flush, also die erste Ernte des Tees im Frühjahr, eine besonders teure Blattqualität.

Was sind die Prinzipien der Teekampagne?

Ökonomie so zu machen, dass alle Beteiligten Vorteile haben. Die Produzenten in Indien haben Vorteile, denn sie bekommen einen guten Preis – wir waren schon von Beginn an „fair trade“. Die Verbraucher haben was davon, weil sie sehr gute Qualität preiswert erhalten. Und wir achten auf die Natur: Wir verzichten auf unnötige Transportwege, Zwischenhändler, Verpackungen oder Lagerhallen. So beanspruchen wir weniger Ressourcen und stoßen weniger CO2 aus.

Ökonomie und Ökologie schließen sich also nicht aus?

Nein. Sparsamkeit ist uns wichtig. Wir verkaufen den Tee ja auch in Ein-Kilo-Packungen, statt den üblichen 100 Gramm. Dadurch sparen wir eine Menge Etiketten und brauchen weniger Abpackvorgänge und Verpackungsmaterial. Tee ist lange haltbar, daher sind große Packungen eigentlich naheliegend. Kunden kaufen bei uns ihren Jahresvorrat, durchschnittlich drei Kilogramm.

Von der Teekampagne hört und sieht man nichts. Läuft das Geschäft nicht?

Nein im Gegenteil. Wir geben einfach kein Geld für Werbung oder Marketing aus. Wir wollen die Menschen nicht dazu verleiten, etwas zu kaufen, das sie gar nicht brauchen. Das finde ich unverantwortlich. Durch eine Umfrage haben wir herausgefunden, dass über 90 Prozent unserer Kunden durch Weiterempfehlung zu uns kommen. Einige wenige Prozent kamen über Ökotest, die positiv über uns berichtet haben, da wir Tee ohne Chemierückstände verkaufen. Wir sind mittlerweile der weltgrößte Importeur von Darjeeling, das ist doch ein Erfolg.

Und wie bestellt man den Teekampagnen-Tee? Online unter www.teekampagne.de oder telefonisch.

Sind Sie ein Weltverbesserer?

Ja auch, aber ich bin in erster Linie Ökonom und Entrepreneur. Mein Herz schlägt für intelligente Ökonomie. Ich finde, dass die Entrepreneurs, die anständig arbeiten, auch daran verdienen sollten – das unterscheidet mich vielleicht von den Weltverbesserern. Bereits Aristoteles war der Meinung, dass die Ökonomie dem Menschen helfen sollte. Der Meinung bin ich auch.