Vielfältig und verführerisch

VEGANE GASTRONOMIE Ob Fastfood, gehobene Küche oder irgendwo dazwischen: Eine bunte Mischung zieht Einheimische und viele Besucher von außerhalb an

■ Wenn das Wort „vegan“ fällt, denken die meisten Menschen an Essen und Trinken. Doch wer auf tierische Produkte verzichtet, achtet auch auf Kleidung und Schuhe. In Berlin gibt es den Schuhladen Avesu, er befindet sich im gleichen Gebäude wie der vegane Supermarkt Veganz. „Wir haben bei der Eröffnung des Marktes gratuliert und dabei erfahren, dass nebenan noch etwas frei ist“, sagt Dirk Zimmermann, einer der drei Macher. Avesu garantiert bei Pumps, Turn- oder Lackschuh, dass weder Leder, Wolle oder Knochenkleber enthalten ist. Dazu gibt es auch einen Avesu-Onlineshop. Auf der Website www.deutschlandistvegan.de stehen Hinweise auf vegane Kleidung, Kosmetik, Accessoires – und sogar vegane Ballettschuhe. (mo)

VON MALTE OBERSCHELP

„Was die Berliner vegane Szene wirklich speziell macht, ist das vielfältige Angebot an Gastronomie“, sagt Patrick Bolk von der Plattform www.deutschlandistvegan.de. „Von Fastfood bis zur gehobenen Küche kann man alles bekommen – das ist wirklich einzigartig.“ Christian Vagedes von der Veganen Gesellschaft Deutschland nennt das Angebot sogar „sensationell“. Auch wenn er darauf hinweist, „dass vegane Themen mittlerweile in allen deutschen Städten relevant werden“. Aber was veganes Essen angeht, ist Berlin Vorreiter.

Sehr beliebt ist etwa das Restaurant Viasko in Kreuzberg. Der Koch Steffen Weigel hat es vor knapp zwei Jahren aufgemacht. Besonders erfolgreich ist hier der Brunch am Wochenende. „Er ist so etwas wie unser Aushängeschild“, meint Steffen. Der Sonntag ist meist schon unter der Woche ausgebucht, am Samstag gibt es noch Kapazitäten. „Wir haben unglaublich viele Stammgäste aus Berlin“, sagt Steffen Weigel. „Das hat sich stetig über Mundpropaganda aufgebaut. Außerdem kommen auch viele Touristen ins Restaurant.“

Steffen Weigel hat zu Beginn selber im Viasko gekocht, inzwischen hat er Chefkoch Christian Meyer und zwei weitere Köche eingestellt. „Die können das soviel besser als ich.“ Zur Spargelzeit bietet die Küche etwa Beelitzer Spargel mit Sojaschnitzel oder Seitankotelett an. „Nur Rohkost machen wir nicht“, sagt Steffen Weigel. „Uns geht es darum, dass das Essen absolut lecker ist, unsere Köche sparen auch nicht an Zucker oder Öl.“

Rohkostler, die alle Lebensmittel ungekocht oder höchstens bis zu 42 Grad erwärmt essen (ab dieser Grenze zerfällt das Eiweiß), müssen nicht unbedingt Veganer sein. Aber manche Veganer essen Rohkost. Für sie ist das Gesund und Sündig in Wilmersdorf ideal: Das Berliner Rohkost-Restaurant bietet etwa eine reich belegte Buchweizenpizza oder Rohkost-Sushi an.

Der eine nennt das Angebot „einzigartig“, der andere bezeichnet es als „sensationell“

Die gehobene vegane Küche und ein entsprechendes Ambiente verkörpert das Restaurant La Mano Verde in Charlottenburg. Hier kosten Hauptgericht um die 17 Euro: zum Beispiel eine Portion hausgemachte Spinatravioli mit Ricotta-Estragon-Füllung, Gemüse-Jus, Mangold und Pinienkern-Parmesan. Das Lucky Leek in Prenzlauer Berg bietet am Wochenende einen Brunch an. Auf der Karte steht zum Beispiel ein gefülltes Seitan-Steak mit Artischokenpüree, Pfeffersauce und Pak Choi. So abwechslungsreich und phantasievoll kann vegane Küche sein.

Der vielleicht bekannteste vegane Koch Berlins ist Björn Moschinski. Er hat das im September 2011 das Restaurant Koops in Mitte aufgemacht. Dort kann man ab 8.30 Uhr morgens frühstücken. Zum Diner gibt es zum Beispiel hausgemachte Maultaschen, gefüllt mit Champignon-Walnuss, Zwiebelschmelze, schwäbischem Kartoffelsalat und Feldsalat.

Björn Moschinski war früher Chefkoch im La Mano Verde, er hat das Kochbuch „Vegan Kochen“ herausgebracht und bietet in Zusammenarbeit mit der Albert-Schweitzer-Stiftung für unsere Mitwelt in Kantinen und Mensen vegane Kochschulen an. Auf seiner Homepage veganheadchef.com gibt es außerdem einige Kochvideos zu sehen. Dazu bietet Moschinski in der Showküche des veganen Supermarkt Veganz regelmäßig Kurse an.

■ Der kleine, aber feine Restaurantführer „Berlin isst Bio“ von Patrick Bolk und Sandra König empfiehlt auch einige vegane oder teils vegane Restaurants, Minibrauereien, Cafés und Eisdielen. Die Website www.vegan-berlin.de bietet einen kommentierten Überblick über vegane Berliner Restaurants. Sie bietet auch eine App an: Wer in der Stadt unterwegs ist und Appetit bekommt, erfährt, welche veganen Restaurants oder Fastfood-Läden in der Umgebung sind. Die App läuft auf dem iPhone und Android-Smartphones. Und wie wäre es mit einem einem Büchlein „Berlin isst vegan“? „Wir planen das tatsächlich“, sagt Patrick Bolk. „Mittlerweile gibt es in Berlin auch genug, um es zu füllen. Machen würden wir es gern.“ (mo)

Auch Steffen Weigel hat im La Mano Verde gekocht. Aber im eigenen Laden, den er als „alternativ und basisdemokratisch“ bezeichnet, fühlt er sich wohler. „Mir ist der gesellschaftliche Aspekt wichtig“, meint Weigel. „Ich möchte, dass Vegansein etwas ganz Normales wird.“

Auch das vegane Fastfood-Angebot ist in Berlin vielfältig. Wer Lust auf einen Döner hat, kann ins Vöner in Friedrichshain gehen. Ganz in der Nähe befindet sich der kleine Laden Hot-Dog-Soup. Dort gibt es sieben Varianten sehr leckerer veganer Hotdogs, ob Original Dänisch mit Röstzwiebeln oder mit Chili. Auch einige der täglich angebotenen Suppen sind vegan. Für den Nachtisch sorgt die Eisdiele Caramello, die stets vegane Sorten im Programm hat. Auch eine vegane Pizzeria gibt es inzwischen, das Sfizy Veg in Neukölln.

Wer ein veganes Café sucht, hat ebenfalls mehrere Alternativen. Christian Vagedes von der Veganen Deutschen Gesellschaft empfiehlt das Neuköllner Café Vux. Dort werden brasilianisch inspirierte Cookies, Cupcakes, Waffeln und Kuchen serviert. „Die Leute sind sehr freundlich, und es gibt tolle vegane Torten“, sagt Vagedes. Das Café hat natürlich auch nicht vegane Kunden, was ebenso für die meisten Restaurants gilt. Auch im Supermarkt Veganz kaufen zu 40 Prozent Menschen ein, die gesundheitsbewusst aber nicht vegan sind. Ob einzigartig oder sensationell – etwas Besonderes ist die vegane Gastronomie Berlins allemal: Für jeden Geschmack und für jeden Geldbeutel ist etwas dabei.