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: Wohin mit dem Luxus?

AUFSTELLUNG Holland trifft trotz bester Chancen nicht. Nun muss van Marwijk erklären, weshalb er an seiner defensiven Ordnung festhält

E igentlich, eigentlich, eigentlich. Hollands Trainer Bert van Marwijk hat dieses Wort vielleicht noch nie so oft gebraucht wie nach der Niederlage gegen Dänemark. Er hat ja recht. Die Niederlande waren die bessere Mannschaft – eigentlich. Und eigentlich muss van Marwijk die Debatte, die ihm die Medien in seinem Land schon vor Turnierbeginn aufgezwängt haben, nicht führen nach dem 0:1 von Charkow.

Und doch wird ihm nichts anderes übrigbleiben, als darüber nachzudenken, ob er nicht doch seine defensive Grundordnung mit Nigel de Jong und Mark von Bommel vor der Abwehr auflösen soll. Er verfügt in dieser Hinsicht über einen Luxuskader. Rafael van der Vaart könnte de Jong ersetzen und zusammen mit Robin van Persie ein offensives Mittelfeldzentrum bilden, Wesley Snejder könnte für Ibrahim Affelay nach links außen rücken und der vom Volk herbeigewünschte Klaas-Jan Huntelaar das Sturmzentrum besetzen. So will es das halbe Land seit Jahren und seit Jahren wehrt sich van Marwijk dagegen. Erfolgreich. Die Ergebnisse gaben ihm recht. Das Spiel gegen Dänemark gibt ihm dagegen nur eigentlich recht. So viele Chancen hat sich eine niederländische Mannschaft schon lange nicht mehr herausgespielt. Mit Schlusspfiff war das indes egal.

Egal war nach der Partie den Dänen auch, ob sie das Spiel glücklich gewonnen haben oder verdient. Und so redete schnell keiner mehr über die dänische Defensive, die zu Beginn beider Halbzeiten völlig überfordert wirkte. Den Dänen wurde vielmehr Respekt dafür gezollt, dass sie es immer wieder versucht haben, sich mit spielerischen Mitteln zu befreien. „Wir hatten den Mut, Fußball zu spielen“, sagte Dänemarks Trainer Morton Olsen nach dem Spiel. Recht hat er – ohne jedes eigentlich. Die hohen Bälle, die den dänischen Spielaufbau prägten, wären keine tumben Befreiungsschläge. Die Dänen leiteten damit einen überaus intelligenten Balleroberungsfußball ein. Die hohen Bälle wurden den Niederländern überlassen, erst dann wurde attackiert. Nicht selten erfolgreich. Wenn daraufhin nicht oft gar so nervös nach vorne weitergespielt worden wäre, die Dänen hätten noch mehr Tore erzielen können. Eigentlich.

ANDREAS RÜTTENAUER