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: Der Weichensteller auf der linken Spur

Wer in Dänemarks alternativer Szene ein juristisches Problem hat, geht zu Knud Foldschack. Kein Wunder, dass der 54-jährige Rechtsanwalt in den vergangenen Monaten auch die autonomen Gruppen aus dem jetzt geräumten Jugendhaus Jagtvej 69 in ihren Verhandlungen mit der Stadt Kopenhagen vertrat. Und selbst nach dem, was sich seit Donnerstag auf den Straßen der dänischen Hauptstadt abspielte, hofft er noch auf eine für beide Seiten akzeptable Lösung. Wenn es ihm, dem – wie ihn Freunde beschreiben – begnadeten Problemlöser und zähen Unterhändler, nicht gelingen sollte, wem dann?

So wurden dank seiner Vermittlung in den 1990er-Jahren eine Reihe besetzter Häuser nicht geräumt, sondern in Jugendwohnkollektive umgewandelt. Derzeit ist er dabei, für den in seiner Existenz bedrohten Freistaat Christiania einem Modell den letzten Schliff zu geben, das den BewohnerInnen den größten Teil ihrer Autonomie retten könnte. Vor drei Jahren galt das noch als illusorisch, als die Politik angetreten war, Christiania plattzumachen. Und auch mit Jagtvej 69 wäre es sicher nicht zum jetzigen gewaltsamen Ausbruch gekommen, hätten ihm die Politiker nur mehr Zeit gelassen. Allerdings hätte er sich auch etwas mehr Verständnis von seiner Klientel dafür gewünscht, wie weit Politiker gehen, ehe sie einen Fehler eingestehen – oder dann doch lieber der Polizei die Drecksarbeit überlassen.

„Natürlich distanziere ich mich von Gewalt“, sagt Foldschack: „Aber wenn das etablierte System seinerseits glaubt, sich mit Rückgriff auf seine Ressourcen vor einer Lösung drücken zu können, halte ich das auch nicht für akzeptabel.“ Ein „Gesellschaftsschädling“ sei er, warf ihm die Jyllands-Posten vor. Das hat den Vater von drei erwachsenen Kindern, der ein Anwaltsbüro zusammen mit seiner Lebensgefährtin Lulla Forchhammer betreibt, sehr geärgert: „Dass man so abqualifiziert wird, nur weil man Gewalt vermeiden möchte.“

Seine Mandantschaft aus gesellschaftlichen Randgruppen versteht Foldschack vielleicht wegen seiner eigenen Lebensgeschichte besonders gut. Als „unerwünschtes“ Kind aus dem Seitensprung eines Reeders verbrachte er die ersten 18 Jahre in Kinderheimen und Internaten. „Recht wild“ sei er gewesen, und erst mit 22 habe er einen Weg eingeschlagen, der ihn wohl davor bewahrt habe, selbst ständig Anwaltshilfe zu benötigen. Vielleicht sei es eine einzelne Diakonisse gewesen, die sich im Heim jahrelang speziell um einen kleinen drei- bis sechsjährigen Jungen gekümmert habe, die die entscheidende Weiche in seinem Leben gestellt habe. So einer will auch für andere Weichensteller sein.REINHARD WOLFF