RAF: Ein Eis zu viel

Eva Haule hätte schon im Jahr 2001 freikommen können. Doch Mitte der Neunzigerjahre wurde sie aufgrund fragwürdiger Indizien abermals verurteilt. Diesmal zu lebenslanger Haft.

Bild: Fahndungsplakat der Polizei von 1984.

BERLIN taz Der Tipp kam von der "Tante Emma von nebenan", verriet der damalige Sprecher der Bundesanwaltschaft, Alexander Prechtel. Und ein Beamter des Bundeskriminalamts ergänzte, ohne "Kommissar Bürger" hätte der Zugriff gar nicht erfolgen können.

Es ist Samstag, der 2. August 1986, kurz vor 16 Uhr, als die damals 32 Jahre alte Eva Haule in der Rüsselsheimer Innenstadt in einer Eisdiele von der Polizei überwältigt wird. Es waren nicht die Fahndungsfotos, die sie verraten hatten. Eva Haule, deren Bild auf allen Fahndungsplakaten prangte, hatte ihr Aussehen derart verändert, dass sie nach der Festnahme erst anhand der Fingerabdrücke identifiziert werden konnte. Haule und ihre beiden Begleiter hätten sich vielmehr auffällig verhalten und Schriftstücke auf dem Tisch "hin und her geschoben und dabei zugedeckt", berichtete der Behördensprecher Prechtel. Dieser Hinweis wäre beinahe verloren gegangen. Denn der Tippgeber war der Polizei als "Oberverdachtschöpfer" bekannt - ein Mann, der die Fahnder häufig mit falschen Tipps genervt hatte.

Die am 16. Juli 1954 in Stuttgart geborene Eva Haule war eines der meistgesuchten Mitglieder der Roten Armee Fraktion. Im Juni 1988 wurde sie vom Stuttgarter Oberlandesgericht zu 15 Jahren Haft verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass sie im Jahr 1984 an einem versuchten Sprengstoffanschlag auf die Nato-Schule in Oberammergau und an einem Raubüberfall auf einen Waffenhändler beteiligt war. Die Haftstrafe wäre 2001abgelaufen.

Im April 1994 verurteilte dann aber in einem neuen Verfahren das Oberlandesgericht Frankfurt Haule wegen dreifachen Mordes und 23fachen versuchten Mordes zu lebenslanger Haft. Sie soll der Gruppe angehört haben, die im August 1985 einen Bombenanschlag auf die Rhein-Main-Airbase des US-Militärs verübte. Das Urteil stützte sich auf zwei in der Haftzelle einer anderen Gefangenen gefundene Briefe, in denen Haule angeblich ihre Beteiligung einräumte. Indiz war ein Zettel, auf dem Haule die RAF "Wir" nannte und den Anschlag politisch einschätzte.

Sie war zunächst im Frauengefängnis Frankfurt-Preungesheim inhaftiert und saß bis zu ihrer Freilassung in der Frauenvollzugsanstalt Berlin-Neukölln. Als Freigängerin machte Haule, die Sozialpädagogik studierte, eine Ausbildung zur Fotografin. Für Ärger sorgte im März 2005 eine Ausstellung im Berliner Abgeordnetenhaus, die einige ihrer Porträts von Mitgefangenen zeigte. Politiker der FDP und CDU empörten sich über die Ausstellung im Parlament, während Walter Momper sie als Resozialisierung verteidigte.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.