Mindestlohn als Lösung

Oft verhindert der Mindestlohn Armut. Viele Löhne liegen am Existenzminimum

BERLIN taz ■ Sie schneiden uns die Haare, spülen unsere Teller im Restaurant oder sehen nachts in Bürogebäuden nach dem Rechten – und sie sind arm trotz Arbeit. Denn selbst wenn ihre Chefs nach Tarif bezahlen, bekommen sie dafür in manchen Teilen Deutschlands nur 3,06 Euro, 5,13 Euro oder 5,93 Euro in der Stunde. Am Monatsende stehen dann trotz Vollzeitjobs 491 Euro, 950 Euro oder 948 Euro brutto auf ihrem Lohnzettel. Daher gilt für diese Branchen gern der Schlachtruf: Her mit dem Mindestlohn, egal ob per tarifliche Einigung oder über ein Gesetz.

Wie sich in einer Branche die Löhne entwickeln, kann man besonders gut an der Fleischindustrie erklären. Für die Knochenjobs in den Schlachthöfen gab es einst Stundenlöhne von 30 bis 40 Mark – gutes Geld. Doch das Lohnniveau geriet genau dann ins Rutschen, als die damalige Bundesregierung vor 18 Jahren den Arbeitsmarkt teilweise öffnete. Für jeweils begrenzte Zeit sollten osteuropäische Schlachter in deutschen Betrieben arbeiten – und die verdienten Devisen in ihren darniederliegenden Heimatländern investieren. Ihre Arbeitgeber sollten zwar an den Sozialabgaben sparen, nicht aber am Lohn. Der Staat versprach, dafür zu sorgen, dass kein Schlachter seinen Arbeitsplatz an einen polnischen Kollegen verliert.

Die Euphorie der Grenzöffnungen wich schnell einer harten ökonomischen Realität. In manchen Großbetrieben sind nur 10 Prozent der Schlachter fest angestellt – oft für rund 7 Euro pro Stunde. Den Rest der Arbeit erledigen Osteuropäer in dubiosen Beschäftigungsverhältnissen – für unter 5 Euro die Stunde. Die Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG) kann daran nichts ändern – sie ist in der Branche nur schwach vertreten. Also will sie, dass der Staat endlich handelt. Mit einem Mindestlohn in Höhe von 7,50 Euro, festzulegen per Gesetz. CSI