Milliardenhilfe für Artenschutz: Deutschland wird Waldmeister

Die Bundesregierung verspricht 500 Millionen Euro zusätzlich für den Schutz von Wäldern. Umweltschützer kritisieren den "Durchbruch" bei der Biopiraterie.

Wollen die Arten schützen: Merkel und Kerim. Bild: ap

BONN taz Mag die große Koalition auch noch so zerstritten sein - beim Thema Artenschutz präsentierten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der SPD-Umweltminister Sigmar Gabriel am Mittwoch überraschend einmütig.

Zum Auftakt des Ministersegments der UN-Konferenz über biologische Vielfalt, bei der nun statt Beamten hochrangige Regierungsmitglieder aus 191 Staaten und die EU verhandeln, hatten sie gute Nachrichten mitgebracht: Merkel verkündete eine deutliche Aufstockung der Gelder, die Deutschland für internationalen Naturschutz zur Verfügung stellt. Die bisher versprochenen 210 Millionen Euro sollen in den Jahren 2009 bis 2012 um insgesamt 500 Millionen aufgestockt werden. Und ab 2013 will Deutschland jedes Jahr eine halbe Milliarde Euro für den Schutz der Regenwälder und andere Ökosysteme ausgeben. "Das ist eine gute Investition in unser aller Zukunft", sagte die Kanzlerin. Merkel äußerte die Hoffnung, dass andere Länder ebenfalls finanzielle Zusagen machen.

Finanziert werden sollen die zusätzlichen Mittel mit den Einnahmen aus den CO2-Zertifikaten; diese Emissionsrechte für das Treibhausgas Kohlendioxid, die Unternehmen bisher zu 90 Prozent kostenlos erhalten, sollen ab 2013 komplett versteigert werden und Einnahmen in Milliardenhöhe generieren. Genutzt werden sollen die zusätzlichen Gelder im Rahmen der in Bonn gestarteten "Life Web"-Initiative der Bundesregierung. Dabei melden Entwicklungsländer konkrete schützenswerte Gebiete an, für die dann Industriestaaten Geld zur Verfügung stellen. Unter anderem will Deutschland Projekte im Kongo und auf Borneo finanzieren. Umweltverbände wie Greenpeace und der WWF werteten Merkels Ankündigung als wichtiges Signal.

Die zweite gute Neuigkeit verkündete Umweltminister Sigmar Gabriel: Nachdem die Verhandlungen bisher kaum vorangekommen seien, habe es in der Nacht zum Mittwoch bei einem der Kernthemen einen "Durchbruch" gegeben. Beim sogenannten gerechten Vorteilsausgleich - im Fachjargon auch als ABS ("Access and Benefit Sharing") bezeichnet - seien Verhandlungen über ein rechtlich verbindliches Abkommen verabredet worden. Im Mittelpunkt steht dabei die Forderung, dass Länder des Südens an den Einnahmen aus Wirkstoffen von Pflanzen und Tieren ihres Territoriums beteiligt werden. "Die Entwicklungsländer hüten den Schatz der biologische Vielfalt, und dafür müssen sie endlich Zinsen bekommen", sagte der Umweltminister. Dass es nun erstmals "ein konkretes Mandat und einen konkreten Fahrplan bis 2010" gebe, sei ein "großer Erfolg". Die auf der Konferenz zahlreich vertretenen Nichtregierungsorganisationen wiesen diese Interpretation hingegen zurück. In der Sache selbst habe es keinerlei Annäherung gegeben.

Als Blockierer in vielen wichtigen Fragen gilt neben Japan vor allem auch Kanada. Premierminister Stephen Harper gab in seiner Rede keinerlei Hinweis, dass sich an der Haltung seines Landes etwas ändern wird. Statt sich über konkrete Verhandlungsinhalte zu äußern, präsentierte er eine Diashow über Kanadas Naturschönheiten, was in Teilnehmerkreisen als offener Affront gewertet wurde.

Sowohl Merkel als auch Gabriel nutzten ihre Reden für eindringliche Appelle an die Verhandlungsteilnehmer, in den verbleibenden drei Tagen substanzielle Fortschritte zu erreichen.

Füreinander fanden Merkel und Gabriel hingegen nur positive Worte. "Die Kanzlerin kennt Umweltthemen in vielen Bereichen besser als ihr eigener Minister", sagte Gabriel. Die revanchierte sich, indem sie bei Nachfragen später auf den "kompetenteren Umweltminister" verwies - im deutlichen Gegensatz zur Stimmung in Berlin, wo derzeit ja keinem Regierungsmitglied ein positives Wort zum Koalitionspartner über die Lippen kommt.

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