Syrien erkennt Libanon an: Dem Friedensflieger droht der Absturz

Mit blumigen Worten loben Politiker in Paris die syrisch-libanesischen Annäherungen. Doch der Irankonflikt überlagert auch diese.

Syriens Präsident Baschar al-Assad ist nach Paris gekommen, um das Nachbarland Libanon endlich als eigenständig anzuerkennen. Bild: dpa

KAIRO taz Allein die einzigartige Liste der Teilnehmer der Konferenz an der Seine bedeutet einen diplomatischen Sieg für die französischen Gastgeber. 43 Nationen, darunter Araber und Israelis, haben sich zur Gründung der Mittelmeerunion an einen Tisch gesetzt.

"Ein Wind der Hoffnung" wehe durch den Nahen Osten, erklärte der französische Außenminister Bernard Kouchner. Der wohl speziellste Gast, der syrische Präsident Baschar al-Assad, verglich die Initiative gar mit einem startenden Flugzeug: "Wenn es nicht genug Schub bekommt, dann stützt es ab und alle Passagiere finden den Tod."

Aber welche Aussichten hat die Union tatsächlich, das Ruder in der Region herumzureißen? Kritiker werfen ihr vor, es gebe keinerlei Übereinstimmung in grundsätzlichen Problemen wie dem Nahostkonflikt.

Zumindest einen Erfolg konnte Frankreichs Präsident Sarkozy jedoch für sich verbuchen. Am Samstag verkündete er nach getrennten Treffen mit dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad und dessen libanesischen Amtskollegen Michel Suleiman, dass beide Länder offizielle diplomatische Beziehungen aufnehmen und Botschaften eröffnen möchten. Erstmals seit der Unabhängigkeit beider Länder in den 40er-Jahren des letzten Jahrhunderts hat Damaskus damit den Libanon als eigenständiges Land anerkannt. Sarkozy sprach von einem "historischen Prozess". Ein Datum für die Eröffnung der diplomatischen Vertretungen wurde bisher noch nicht festgelegt.

Etwas Glück hatte Sarkozy bei seinen diplomatischen Vermittlungen jedoch auch: Möglich wurde die Übereinkunft erst, nachdem sich die streitenden libanesischen Lager am Freitag endlich auf eine Einheitsregierung geeinigt hatten. 16 Kabinettssitze gehen an die prowestliche Parlamentsmehrheit, 11 an das von der Hisbollah angeführte Oppositionsbündnis. Damit haben sich die politischen Gewichte in Beirut in Richtung der von Syrien unterstützten Opposition verlagert, die nun den Posten des Außenministers, der Telekommunikation und des Vizepremiers innehält.

Laut dem libanesischen Premier Fuad Siniora habe die neue Regierung nun zwei wesentliche Aufgaben zu erfüllen: das Vertrauen in das libanesische politische System wiederherzustellen und transparente Parlamentswahlen für nächstes Jahr zu sichern.

Es ist aber ein anderer Konflikt, der seine Schatten auf die neue Mittelmeerunion wirft und deren Vertreter in Paris nicht mit am Tisch saßen: der amerikanisch-iranische Kampf um Einfluss in der Region. Auch wenn die arabische Seite immer wieder von Europa erwartet, hier als Gegengewicht zu den USA zu fungieren, der größte nicht gelöste Regionalkonflikt stellt derzeit auch noch den kleinsten Fortschritt immer wieder in Frage. So auch bei der syrisch-libanesischen Annäherung: Man könne nicht viel von der libanesischen Regierung erwarten, solange die akuten Konflikte wie der iranische Atomstreit noch nicht gelöst worden seien, kommentierte beispielsweise die überregionale arabischen Tageszeitung al-Schark al-Awsat.

So wundert es nicht, dass Sarkozy von Assad fordert, in der Kontroverse um Irans Atomprogramm bei dessen iranischen Verbündeten zu vermitteln. Assad seinerseits hofft auf französische Hilfe bei den indirekten Verhandlungen mit Israel, die seit März in der Türkei geführt werden und bei denen es um die Rückgabe der israelisch besetzten syrischen Golanhöhen geht.

Trotz der Anwesenheit Assads und des israelischen Premiers Ehud Olmert ist das Treffen in Paris nicht die Initialzündung für direkte israelisch-syrische Gespräche. Die, das hat Assad klargemacht, wird es nur geben, wenn in Washington ein neuer US-Präsident regieren wird. Insofern saßen Bush und Ahmadinedschad im Pariser Grand Palais mit am Tisch. KARIM EL-GAWHARY

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