Elfenbein für China

Der Ständige Ausschuss des Artenschutzkonvention Cites entscheidet in dieser Woche darüber, ob China sich an einer Auktion von Elfenbein aus dem südlichen Afrika beteiligen darf. Cites steht für „Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora“ und ist ein Abkommen über den Handel mit wilden Tieren und Pflanzen. Es soll verhindern, dass diese Arten aussterben. Cites geht auf das Washingtoner Artenschutzübereinkommen aus dem Jahr 1973 zurück. Inzwischen haben sich 173 Staaten auf die Konvention verpflichtet. JMA

AUS BERLIN JOST MAURIN

Wer sich einen ausgewachsenen Elefantenstoßzahn ins Wohnzimmer stellen kann, der hat’s in China geschafft. Und es muss nicht immer ein ganzer Zahn sein. Auch Skulpturen und Schmuck aus Elfenbein sind China von jeher ein Statussymbol. „Leider immer noch“, sagt die Biologin Daniela Freyer von der Artenschutzorganisation Pro Wildlife.

Dank der boomenden Wirtschaft in der Volksrepublik können sich zusehends mehr Chinesen diesen Luxus leisten. Mit der steigenden Nachfrage wächst auch, so befürchten Tierschützer, der Druck auf die Elefentenpopulationen.

China ist der größte Markt für illegales Elfenbein – für Stoßzähne von Elefanten, die trotz eines internationalen Handelsverbots getötet wurden. Umso vehementer kritisieren Pro Wildlife wie auch der Internationale Tierschutzfonds Ifaw das Bundesumweltministerium. Die Deutschen hätten dem Sekretariat der Artenschutzkonvention Cites in einem Gefälligkeitsgutachten Argumente dafür geliefert, China ausnahmsweise den Import von Elfenbein zu genehmigen.

„Dabei ist der Handel in der Volksrepublik völlig außer Kontrolle. Unter dem Deckmantel der Legalität könnten die Chinesen mit Stoßzähnen von illegal getöteten Elefanten handeln“, sagt Wildlife-Expertin Freyer. Mitarbeiter von Minister Sigmar Gabriel (SPD) hätten sich in dieser Angelegenheit auch deshalb zuvorkommend gezeigt, um die Chinesen zu Zugeständnissen bei anderen Themen zu bewegen – ein Vorwurf, den das Ministerium in scharfer Form zurückweist.

Im Jahr 1989 untersagten die 173 Mitgliedstaaten der Artenschutzkonvention, zu denen auch China gehört, den kommerziellen Handel mit Elfenbein. Zu diesem Zeitpunkt waren die Populationen drastisch zurückgegangen. Doch seither haben Cites-Staaten immer befristete Ausnahmen ermöglicht. So dürfen demnächst Botsuana, Namibia, Simbabwe und Südafrika bestimmte Bestände von natürlich verstorbenen Tieren oder Elefanten, die beispielsweise wegen Überpopulation getötet wurden, verkaufen. So sollen die Länder des südlichen Afrika dafür belohnt werden, dass die Zahl der Elefanten in der Region zugenommen hat. Im Gegenzug wird es danach, so der Plan, neun Jahre lang keine Ausnahmen mehr geben.

Als einziges Abnehmerland ist bisher Japan zugelassen. Über eine Bewerbung Chinas will ein Ausschuss der Konvention diese Woche in Genf entscheiden. Pro Wildlife hofft, dass das Gremium den Antrag ablehnt. „Japan kann die vorgeschlagenen 108 Tonnen Elfenbein ohne Probleme allein abnehmen“, meint Freyer. „Mit Japan haben wir zwar auch unsere Probleme, aber das Ausmaß des Schmuggels ist dort nicht ganz so groß wie in China.“

Um die Diskussion zu beeinflussen, recherchierte Gabriels Abteilungsleiter für Naturschutz, Jochen Flasbarth, Ende Oktober persönlich vor Ort in China. Sein Bericht wurde laut Ministerium im Januar dem Cites-Sekretariat geschickt.

In dem Bericht, der der taz vorliegt, kommen vor allem chinesische Beamte zu Wort. Zöllner erklären, dass der Schmuggel zurückgegangen sei, was man an der abnehmenden Zahl von Beschlagnahmungen erkennen könne. Auch Vertreter der chinesischen Elfenbeinindustrie werden zitiert: Sie klagten darüber, dass ihr Materialvorrat schrumpfe und sie Arbeitsplätze abbauen müssten. Das konfiszierte Elfenbein, so heißt es resümierend, werde in Peking „in einem klimatisierten und besonders gesicherten“ Raum „gut aufbewahrt“, das Markierungssystem müsse „als sehr ausgefeilt angesehen werden“. Kritiker der chinesischen Politik aber kommen in dem Papier nicht vor.

„Das Reiseprogramm war vollkommen einseitig. Dabei hatten wir angeboten, Herrn Flasbarth die wirkliche Lage vor Ort zu zeigen“, sagt Peter Pueschel vom Internationalen Tierschutzfonds .

Es gebe wohl auch eine Menge Bedenkliches zu sehen in China, ergänzt Daniela Freyer von Pro Wildlife: „Da sind tausende kleine Händler aktiv. Jeder müsste eine Lizenz haben, jedes Stück müsste zertifiziert sein. Das ist in der Realität natürlich nicht der Fall.“

Dass der Bericht aus dem Hause Gabriel dennoch für China so positiv ausfällt, führt Sandra Altherr von Pro Wildlife auch auf Gründe zurück, die nichts mit Elefanten zu tun haben. Bei einem Gespräch mit Nichtregierungsorganisationen im Januar sei Flasbarth gefragt worden, warum Deutschland sich so stark in Sachen chinesischer Elfenbeinhandel engagiert. Flasbarth Antwort hätte gelautet: Man brauche China, etwa bei den Klimaschutzverhandlungen und der UN-Naturschutzkonferenz im Mai in Bonn. Und für die Beziehungen zu den Chinesen müsse man eben etwas tun.

„Das ist erstunken und erlogen“, entgegnet Flasbarth. „Das sind keine Zusammenhänge, die irgendeine Entscheidung herbeiführen könnten“, sagt er der taz. Anlass der Reise sei die Vorbereitung der Naturschutzkonferenz gewesen. Mit den Elfenbeinrecherchen wollte der Abteilungsleiter nach eigenen Worten nur helfen, das Elfenbeinproblem zu lösen. Von einem Gefälligkeitsgutachten kann für das Ministerium keine Rede sein. Schließlich handele es sich nur um einen Reisebericht, der nicht den Anspruch habe, das Thema erschöpfend zu behandeln.

Seine chinafreundliche Position begründet Flasbarth damit, dass dies den Elefanten nütze. Er stellt den geplanten Elfenbeinverkauf und die anschließende Handelspause als Experiment dar: „Wir wollen herausfinden, ob der legale Markt den illegalen zurückdrängt oder anheizt.“ Dieser Versuch könne aber nur funktionieren, wenn neben Japan auch der andere große Nachfragemarkt – eben China – dabei sei.