„Befehle von den USA und der CIA“

Die Fatah verantwortet den Gewaltausbruch in Gaza, sagt der der Hamas nahestehende Jounalist Amayreh

KHALID AMAYREH ist Journalist und lebt in der Nähe von Hebron im Westjordanland.

taz: Herr Amayreh, ist die Fatah wirklich für die Eskalation in Gaza verantwortlich?

Khalid Amayreh: Die Behörden in Gaza haben eben verkündet, dass sie die Täter des Bombenanschlages von Ende Juli verhaftet haben. Der Hauptverdächtige ist ein prominentes Mitglied der Fatah, und er hat bereits gestanden. Es hat sechs Tote bei dem Anschlag gegeben. Es gibt eine klare Beweislage. Ich hege nicht den geringsten Zweifel daran, dass die Fatah verantwortlich ist.

Warum sollte die Fatah angesichts der Machtverhältnisse im Gazastreifen so etwas riskieren?

Die Fatah hat noch zehntausende Anhänger im Gazastreifen. Das Problem sind die Verräter, die Männer, die früher zu der Gruppe von Mohammed Dahlan gehörten, dem früheren Chef der Präventiven Sicherheit. Dahlan, das wissen wir heute, hat seine Befehle von der CIA und den USA bekommen. Das Ziel war, die demokratisch gewählte Regierung der Hamas zu zerstören, Anarchie und Bürgerkrieg zu sähen, ähnlich wie im Irak.

Die Hamas hat die Fatah im Gazastreifen fast komplett entwaffnet. Wie kann es heute noch zu einem Bürgerkrieg kommen?

Niemand hat etwas gegen eine bewaffnete Fatah. Die Hamas entwaffnete die Leute, die ihre Gewehre gegen das eigene Volk richteten, anstatt die Besatzung zu bekämpfen. Die Bombenanschläge an öffentlichen Treffpunkten oder am Strand gehen auf das Konto von Terroristen und Kollaborateuren.

Beide Führungen bekriegen sich, indem sie die Aktivisten der jeweils gegnerischen Bewegung zu Geiseln machen. Wie konnte es dazu kommen?

Beide Bewegungen befinden sich unter der Besatzung. Es geht hier nicht um politische Ideologien, sondern um einen „Tribal-Konflikt“, eine kulturimmanente Konfrontation, unterstützt von Israels erfolgreichem Engagement, den Streit zu vertiefen. Ich wäre nicht überrascht, wenn die Strandbombe von einem Doppelagenten gelegt wurde.

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat offenbar mit Israel abgesprochen, die aus dem Gazastreifen flüchtenden Fatah-Anhänger zurückzuschicken. Jetzt droht ihnen Verhaftung und Folter. Wie konnte er das zulassen?

Das ist nur noch ein weiterer Beweis für seine Schwäche und Apathie. Die Entscheidung ist völlig unverständlich.

Die Fatah sorgt für westliche Spendengelder, es geht den Leuten besser. Warum verliert sie trotzdem an Popularität im Westjordanland?

Das Bewusstsein darüber, dass die Fatah zu einer zweiten südlibanesischen Armee [gemeint ist die frühere SLA-Truppe, die im Libanon mit Israel kollaborierte; d. Red.] wird, wächst in der Bevölkerung. Man muss sich nur angucken, wie die hohen Beamten mit den Besatzern zusammenarbeiten oder nett mit ihnen einen Kaffee trinken. Gleichzeitig lässt die Autonomiebehörde Akademiker und Journalisten verhaften, sie postiert Straßenkontrollen und befiehlt Razzien. Was hier entsteht, ist ein neuer Abschnitt, eine neue böse Seite der Besatzung. Ohne westliche Hilfe würde sich die Autonomiebehörde keinen Tag länger halten. Alles, was wir fordern, ist eine Rechtsstaatlichkeit.

INTERVIEW: SUSANNE KNAUL