Viele Ideen, noch kein Konzept

Die USA und die EU wollen einen Weltgipfel, deutsche Politiker diskutieren Konjunkturmaßnahmen

Bundeskanzlerin Angela Merkel fordert „Anreize zugunsten der Autoindustrie“

BERLIN rtr/ap/taz ■ Die Regierungschefs stehen unter Druck. Mit den nationalen Rettungspaketen für notleidende Finanzinstitute ist es nicht getan. Auch die Realwirtschaft wird in den nächsten Monaten Unterstützung brauchen, um nicht in eine allzu tiefe Rezession abzugleiten. Und zusätzlich zu den Notmaßnahmen für Banken und Unternehmen muss im internationalen Rahmen die Neuordnung des Finanzsystems eingeleitet werden.

Innerhalb der Bundesregierung regt sich deshalb hektische Aktivität, auch wenn immer noch ein klares Konzept für ein konjunkturstützendes Programm fehlt. An Einzelvorschlägen immerhin mangelt es nicht. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte, sie könne sich „gezielte Anreize zugunsten der Autoindustrie“ vorstellen. SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier wünschte sich einen „Schutzschirm für Arbeitsplätze“. Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) plädierte für „branchenspezifische Förderprogramme wie die Aufstockung der CO2-Gebäudesanierung“, die von der KfW finanziert werden könnten. Einig scheinen sich die Koalitionspartner darin, eine schnellere steuerliche Absetzbarkeit von Krankenversicherungsbeiträgen zu prüfen. Diese dürfte den Fiskus bis zu 7 Milliarden Euro an Steuereinnahmen kosten. Geld, das die Bürger mehr in der Tasche hätten, um damit die Wirtschaft anzukurbeln. Kleiner Schönheitsfehler: Geringverdiener und Hartz-IV-Bezieher profitieren wohl nicht, weil sie ihre Werbekostenpauschale bei der Steuer ohnehin nicht ausnutzen.

Bei der Reform des internationalen Finanzsektors wollen die USA und die Europäische Union die führende Rolle übernehmen. Am Samstag einigten sich Noch-US-Präsident George W. Bush, EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und der französische Staatspräsident und EU-Ratsvorsitzende Nicolas Sarkozy auf eine Serie von Weltfinanzgipfeln. Teilnehmen sollen neben den großen Industriestaaten auch die großen Schwellenländer Brasilien, Russland, Indien und China, außerdem Australien, Südkorea und Saudi-Arabien. Das erste Treffen könnte gleich nach den US-Wahlen am 4. November am Sitz der Vereinten Nationen in New York statt finden. BW