Erklärung gegen Antisemitismus: Zwei Anträge, ein Wortlaut

Trotz parteipolitischer Streitigkeiten einigen sich die Parteien im Bundestag auf einen Beschluss gegen Antisemitismus in Deutschland.

Künftig wird es einen jährlichen Bericht über Antisemitismus in Deutschland geben. Bild: dpa

BERLIN taz Die Fraktionen im Bundestag haben eine gemeinsame Erklärung gegen Antisemitismus verabschiedet - pünktlich zum 9. November, dem 70. Jahrestag der Pogromnacht 1938. Union, SPD, FDP und Grüne hatten sich auf einen gemeinsamen Antrag geeinigt und legten diesen gestern im Bundestag zur Abstimmung vor. Die Linke brachte einen eigenen Antrag mit gleichem Wortlaut ein. Elf Mitglieder der Linkspartei erklärten zuvor, sich der Stimme zu enthalten. Gegen den Antrag stimmte der fraktionslose Henry Nitzsche.

Der zweite Antrag war nötig geworden, nachdem sich die Union geweigert hatte, einen gemeinsamen Antrag mit der Linksfraktion einzubringen. Es gebe nachweisbar erhebliche antisemitische Kräfte im Bereich der Bundestagsfraktion der Linken und der Linkspartei, sagte der innenpolitische Sprecher der Union, Hans-Peter Uhl. Er warf der Linken überzogene Israelkritik vor. Christian Arendt von der FDP-Fraktion warf Uhl vor, sich "kleinmütig" verhalten zu haben.

Die Linkspartei hatte sich geweigert, einer früheren Fassung der Erklärung zuzustimmen, laut deren in der DDR jüdische Unternehmer enteignet worden seien. Die Linke bezeichnete dies als historisch unzutreffend. Den Ausschluss vom gemeinsamen Antrag nannte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Linksfraktion, Dagmar Enkelmann, zwar "ärgerlich", ein gemeinsamer Beschluss aller Fraktionen sei aber "dem Anliegen angemessen." Petra Pau aus dem Vorstand der Linksfraktion sagte in ihrer Rede, dass die Union eine gemeinsame Erklärung im Mai noch beklatscht habe. Dass sie diese nun ablehne, liege daran, dass "Machtpolitiker" das Projekt übernommen haben, so Pau.

Die Erklärung zum Kampf gegen Antisemitismus und zur Förderung jüdischen Lebens in Deutschland sieht eine Verbesserung des Opferschutzes vor. Ein weiterer Punkt ist der Ausbau jüdischer akademischer, kultureller und gesellschaftlicher Institutionen mit Bundesmitteln. Außerdem wird die Bundesregierung dazu aufgefordert, ein Expertengremium mit einer regelmäßigen Berichterstattung über Antisemitismus in Deutschland zu beauftragen. Dieses Gremium soll Programme gegen Antisemitismus entwickeln. Volker Beck, parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen, erklärte, seine Partei habe die finanzielle Absicherung erfolgreicher Modellprojekte durchgesetzt. Die Erklärung sieht vor, dass über die Finanzierung solcher Projekte im 1. Quartal 2009 entschieden werden soll. Die Lehrpläne der Schulen sollen um Themen zu jüdischem Leben und Geschichte und zum heutigen Israel erweitert werden.

2007 sind laut Verfassungsschutzbericht in Deutschland 1.541 antisemitische Straftaten registriert worden, davon waren 59 Gewalttaten. Antisemitismus sei aber kein auf den politischen Extremismus begrenztes Phänomen und "muss konsequent und auf breiter Front von Staat und Zivilgesellschaft bekämpft und in seiner Verbreitung gehemmt werden", heißt es in der Erklärung.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.