Vorschläge für Mitgliedsstaaten: EU will Mehrwertsteuer drücken

Die Kommission hat Ideen für die EU-Staaten: Sie sollen die Mehrwertsteuer senken und Geringverdiener entlasten. Große Schulden dürfen die EU-Staaten aber nicht machen.

Unterwegs im Dienste der Pendeldiplomatie: Kommissionspräsident Barroso. Bild: reuters

BERLIN rtr/taz Die EU-Kommission hat ebenfalls Ideen, wie sich die Rezession in Europa bekämpfen ließe. Sie fordert die EU-Staaten auf, die Verbrauchssteuern zu reduzieren: "Allgemein können vorübergehende Mehrwertsteuersenkungen schnell eingeführt werden", heißt es im Entwurf für ein EU-Konjunkturprogramm, das am Mittwoch vorgestellt werden soll. Besonders niedrige Sätze sollten für umweltfreundliche und arbeitsintensive Produkte gelten. Und schließlich, so die Kommission, solle die Lohnsteuer für Geringverdiener gesenkt werden.

Die Bundesregierung hat bereits deutlich gemacht, dass sie von diesen EU-Vorschlägen nicht viel hält. So lehnt Deutschland ermäßigte Mehrwertsteuersätze etwa für Handwerker ab, weil damit noch mehr Ausnahmen im EU-weiten Durcheinander der Verbrauchssteuern geschaffen würden. Auch über Steuersenkungen will die Bundesregierung frühstens nach der Bundestagswahl im September 2009 nachdenken.

Neben ihren Vorschlägen für die Mitgliedstaaten hat die EU-Kommission auch Ratschläge für die Europäische Zentralbank (EZB) parat: Der Leitzins solle weiter gesenkt werden. Er beträgt im Euroraum momentan noch 3,25 Prozent. In den USA und der Schweiz liegt er bei 1,0 Prozent, in Japan sogar bei 0,3 Prozent. Die EZB ist allerdings völlig unabhängig von politischen Vorgaben - hat aber bereits angedeutet, dass sie die Zinsen im kommenden Dezember senken könnte.

In ihrem Entwurf lässt die Kommission noch offen, welchen Umfang das EU-Konjunkturpaket insgesamt haben soll. Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) hatte vergangene Woche den Betrag von 130 Milliarden Euro genannt, den die EU verplanen wolle. Dies würde einem Prozent der europäischen Wirtschaftsleistung entsprechen. Bisher will die Bundesregierung für die EU-Pläne jedoch kein weiteres Geld ausgeben. Stattdessen solle die EU das bereits beschlossene deutsche Konjunkturpaket anrechnen. Die Bundesregierung selbst geht davon aus, dass ihr Konjunkturpaket 32 Milliarden Euro umfasst. Kritiker, wie etwa die Linkspartei oder die Grünen, schätzen die echten Zusatzausgaben auf ganze 3 bis 5 Milliarden.

Auch andere EU-Staaten sind noch nicht überzeugt, dass sie wirklich ein Prozent ihrer Wirtschaftsleistung aufbringen sollen. Daher ist Kommissionspräsident Barroso momentan mit permanenter "Pendeldiplomatie" beschäftigt.

Wenn die EU-Kommission milliardenschwere Steuererleichterungen und Ausgabenprogramme fordert, so gerät sie schnell in ein Dilemma: Die EU-Kommission will den Stabilitätspakt mit seiner Defizitgrenze von drei Prozent der Wirtschaftsleistung nicht aussetzen, wie es in dem Entwurf heißt. "Er wird angewandt, aber es wird die vorhandene Flexibilität genutzt." Die EU-Staaten sollen nicht nur Konjunkturpakete entwerfen, sondern gleichzeitig mitteilen, wie sie die Verschuldung später wieder abbauen wollen. Die Warnung ist jedenfalls unübersehbar: Die EU-Kommission stellt klar, dass es Strafverfahren gegen übermäßige Defizite auch in Krisenzeiten geben kann. UH

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