Schule unter Feuer

AUS JERUSALEM SUSANNE KNAUL

Die Kämpfe im Gazastreifen werden immer intensiver und verlustreicher. Beim bislang folgenschwersten Angriff seit Beginn der Militäroffensive Israels sind am Dienstag nach palästinensischen Angaben mindestens 46 Menschen nahe einer Schule getötet worden, nicht weniger als 100 Palästinenser wurden in der Nacht zum Dienstag Opfer der Gefechte. Ein UN-Sprecher in Gaza dementierte gegenüber der taz, dass es sich bei der Schule um eine Einrichtung der Vereinten Nationen gehandelt habe. In der Schule waren offenbar Flüchtlinge untergebracht. Die Menschen hätten sich auf einem nahen Spielplatz aufgehalten, als Raketen und Granaten explodiert seien. Danach hätten Panzer und Flugzeuge angegriffen.

Die Zahl der gefallenen israelischen Soldaten stieg auf sechs. Vier davon gehen nicht aufs Konto der Hamas, sondern auf das der eigenen Kameraden. Bei zwei Zwischenfällen gerieten Soldaten, die versehentlich für Hamas-Kämpfer gehalten wurden, unter Beschuss.

Während die israelischen Bodentruppen systematisch eine Stadt nach der anderen isolieren, schießt die Hamas weiterhin Raketen ab. Am Dienstagabend erreichten die Angriffe zum ersten Mal die israelische Stadt Gadera, etwa 43 Kilometer vom Gazastreifen entfernt. Dort trug ein Säugling leichte Verletzungen davon. Insgesamt wurden seit Beginn der Kämpfe über 500 Raketen von der Hamas abgeschossen.

Die tausenden im Gazastreifen eingesetzten israelischen Infanteristen konzentrieren sich, unterstützt von Panzern und unter Feuerschutz aus Hubschraubern, auf die Suche nach den Kommandanten der Hamas-Kämpfer. Iman Siam, der, laut Information eines israelischen Armeesprechers, „Chef des Hamas-Raketen-Abschuss-Programms“ gewesen sein soll, wurde offenbar durch einen Luftangriff auf sein Haus in Dschabalija getötet.

Auf heftigen Widerstand stießen die Soldaten rund um die Stadt Gaza. Dort hatten sich die Guerillas gründlich auf die Invasion vorbereitet. Nach heftigem Schusswechsel stürmten die Soldaten ein Haus und fanden es leer vor. Die Hamas-Kämpfer waren durch drei Tunnel geflohen, die zu benachbarten Häusern führten. Der Versuch, einen israelischen Soldaten zu entführen, scheiterte in letzter Minute. Zuvor von der Hamas verbreitete Nachrichten über zwei bereits Entführte stellten sich als Gerücht heraus.

Die israelische Luftwaffe bombardierte in der Grenzstadt Rafah mehrere Tunnel, um Waffenschmuggel zu unterbinden. Laut palästinensischen Berichten zogen die Bodentruppen in die nördlich von Rafah gelegene Stadt Khan Younis ein. Noch weiter nördlich wurde die Kleinstadt Dir al-Balah vom Wasser aus beschossen. Insgesamt wurden 80 Guerillas festgenommen.

Seit Beginn der Militäroperation sind über 15.000 Menschen obdachlos geworden, die die UN-Flüchtlingshilfe in den Palästinensergebieten in Schulen unterbringt. „Wir versorgen die Menschen mit Matratzen, Decken und Nahrungsmitteln“, berichtete Adnan Abu Hassan, UN-Sprecher im Gazastreifen.

Laut Augenzeugenberichten macht die Armee auch vor Kliniken und Gesundheitszentren nicht halt. Bereits am Sonntag war das Gemeindezentrum für psychologische Gesundheit in Gaza angegriffen worden. Die Armee begründet die Angriffe mit dem Argument, dass sich die bewaffneten Guerillas in den Zentren versteckt hielten.

Schrecken unter der palästinensischen Bevölkerung lösten eine Reihe von seltsam strahlenden Geschossen aus, die für weiße Phosphorbomben gehalten wurden. Die Bomben, die schwerste Verbrennungen verursachen, sind nach internationalem Recht verboten. Eine Armeesprecherin stritt den Einsatz der Phosphorbomben ab. Die Armee hielte sich an das internationale Recht, erklärte sie. „Das betrifft auch unsere Kampfmittel.“