Präventivhaft war illegal

Großbritannien hat Islamisten unzulässig inhaftiert, sagt Menschenrechts-Gericht. 3.900 Euro Schadenersatz

FREIBURG taz ■ Die britische Präventivhaft für Terrorverdächtige verstieß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention, entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg gestern. Großbritannien muss neun von elf Klägern Schadenersatz zahlen, weil ihr Recht auf Freiheit verletzt wurde. Zu den Klägern gehört der Palästinenser Abu Qatada, der als einer der einflussreichsten Hassprediger in Europa gilt.

Qatada und zehn weitere ausländische Islamisten wurden Ende 2001 auf der Grundlage eines britischen Antiterrorgesetzes in unbeschränkte Präventivhaft genommen. Sie galten als „internationale Terroristen“, konnten aber wegen Foltergefahr nicht in ihre Heimatländer ausgewiesen werden. Der britischen Regierung war klar, dass dies ein Verstoß gegen die Menschenrechtskonvention ist. Deshalb setzte sie ihre Verpflichtungen unter Berufung auf einen „öffentlichen Notstand“ teilweise aus. Zwar habe ein Notstand bestanden, die punktuelle Aussetzung sei aber unzulässig gewesen, weil sie nur Ausländer betraf, obwohl britische Terrorverdächtige nicht weniger gefährlich waren. Das britische House of Lords hatte die Aussetzung der Konvention bereits 2005 beanstandet.

Den Klägern wurde jetzt nur relativ geringer Schadenersatz von bis zu 3.900 Euro zugesprochen, weil die Maßnahme dem Terrorschutz diente. Seit einer Gesetzesänderung im Jahr 2005 sind die Islamisten nicht mehr in Präventiv-, sondern in Auslieferungshaft. London versucht Garantien zu erhalten, dass die Islamisten in der Heimat nicht gefoltert werden. Gestern entschied das House of Lords, Abu Qatada nach Jordanien auszuweisen.

CHRISTIAN RATH