„Das Geld gibt Hoffnung“

Je besser es den Menschen in Gaza geht, desto schwächer wird die Hamas, sagt der Industrieboss Bassem Khoury

BASSEM KHOURY, 48, ist Präsident des palästinensischen Industriellenverbandes PFI in Jerusalem.

taz: Herr Khoury, etwa 80 Staaten wollen fast 3 Milliarden Euro ausgeben, um die Aufbauhilfe für den Gazastreifen zu ermöglichen. Kann man das Geld an der Hamas vorbei in den Gazastreifen lancieren?

Bassem Khoury: Davon bin ich überzeugt. Der einfachste Weg ist der private Sektor. Die privaten Unternehmer können sicherstellen, dass die Hilfsgelder für den Wiederaufbau sowie die technische Hilfestellung die Menschen in Gaza erreichen kann, ohne dass die Hamas daran beteiligt wird. Diese Haltung vertritt auch die EU.

Das Ziel ist, das Leben der Menschen in Gaza zu verbessern. Wird es damit für Hamas nicht leichter, wieder Sympathisanten zu gewinnen?

Tut mir leid, aber das ist einfach Unsinn. Das Gegenteil ist der Fall. Je besser die Lebensumstände in Gaza sind, desto schwieriger wird es für die Hamas werden. Wenn die Wirtschaftslage schlecht ist, dann haben die Leute nichts zu verlieren. Sie sind verzweifelt und in dieser Situation viel leichter für die Ziele der Hamas zu rekrutieren. Nicht so, wenn die Leute ein normales Leben leben.

Sie sagen, die palästinensische Wirtschaft sei eine „Geisel der israelischen Aktionen“. Wie meinen Sie das?

Seit Beginn der Besatzung hat Israel Schritte unternommen, um sicherzustellen, dass die Palästinenser keine vernünftige Wirtschaft aufbauen können. Das fängt nicht erst heute an. Gerade der private Sektor war Opfer von Importverboten, von viel schärferen Steuerregelungen für Palästinenser, als dies in Israel üblich war.

Die Grenzen zum Gazastreifen sind immer noch verschlossen. Was soll mit dem Geld der Gebernationen passieren, wenn niemand etwas davon kaufen kann?

Das Geld gibt ihnen Hoffnung, dass sie eines Tages ihre Häuser aufbauen oder reparieren können. Außerdem bekommen sie die Botschaft, dass die Welt sie nicht vergessen hat.

Dann haben die Hilfsgelder eher eine psychologische Wirkung?

Natürlich ist ohne die Öffnung der Grenzen die ganze Übung vorläufig sinnlos. Trotzdem müssen wir jetzt anfangen, bevor der Krieg zu einem Kapitel im Geschichtsbuch wird. Wir sagen auf Arabisch: Solange das Blut noch frisch ist. Außerdem wollen wir bereit sein, wenn sich die politischen Umstände ändern.

INTERVIEW: SUSANNE KNAUL