Schwere Auswirkung der Finanzkrise: US-Notenbank druckt mehr Geld

Mit drastischen Schritten versucht die US-Notenbank die Wirtschaft zu beleben. Sie kauft Staatsanleihen auf, damit Bürger in Unternehmen investieren. Und bezahlt mit frischem Geld.

US-Notenbankchef Ben Bernanke will mit aller Macht die Wirtschaft retten. Bild: dpa

Wie lässt sich die Konjunktur noch ankurbeln, wenn die Zinsen nicht mehr gesenkt werden können, weil der Leitzins ohnehin schon nahe null Prozent ist? Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed), deren Leitzins derzeit in einem Band zwischen 0 und 0,25 Prozent liegt, hat eine Antwort auf diese Frage gefunden: Sie will Staatsanleihen und andere Wertpapiere für 1,2 Billionen US-Dollar aufkaufen und auf diese Weise zusätzliches Geld in die Wirtschaft pumpen. Und woher nimmt die Fed all das Geld, um die Papiere zu bezahlen? Sie druckt es einfach.

Am Mittwoch verkündeten die US-Notenbanker, dass sie in den kommenden sechs Monaten Staatsanleihen im Wert von 300 Milliarden Dollar (225 Milliarden Euro) kaufen werden. Der erhoffte Effekt: Die zusätzliche Nachfrage nach den Papieren treibt deren Kurs hoch. Das heißt im Umkehrschluss, dass die auf den Kurswert bezogene Rendite niedriger ist. Wenn aber die bei Anlegern wegen ihrer Sicherheit beliebten Staatspapiere kaum noch etwas bringen, dann greifen sie vielleicht eher zu Unternehmensanleihen. Dadurch käme die Industrie, die von den ängstlich gewordenen Banken kaum noch Kredite bekommt, an dringend benötigte Investitionsmittel. Die Unternehmen müssten nicht mal sonderlich hohe Zinsen für ihre Anleihen zahlen, wenn sich Staatsanleihen noch weniger rentieren.

Das Ganze käme dann einer Senkung der langfristigen Zinsen gleich, auch ohne dass der Leitzins gesenkt wurde.

In der Tat fiel auf die Ankündigung der Fed hin die Rendite für zehnjährige US-Schatzbriefe von 3 auf 2,5 Prozent. Die USA sind das dritte Land, das so die Krise bekämpft. Die britische Notenbank, die ihren Leitzins zu Beginn des Monats auf nur mehr 0,5 Prozent gesenkt hatte, begann schon vergangene Woche mit dem Kauf von Staatsanleihen. Und die japanische Notenbank kündigte diese Woche die Ausweitung ihres bestehenden Aufkaufprogramms an.

Das zweite Element des Fed-Plans ist der Kauf von hypothekenbesicherten Wertpapieren im Umfang von bis zu 750 Milliarden Dollar, zusätzlich zu bereits angekündigten Aufkäufen im Wert von 500 Milliarden Dollar. Dabei handelt es sich um nichts anderes als die zu neuen Wertpapieren gebündelten und weiterverkauften US-Hypotheken - von denen viele sich als minderwertig ("subprime") herausstellten. Die Banken wollen diese Wertpapiere, die ihre Bilanzen vergiften, unbedingt loswerden. Die US-Regierung sah sich gezwungen, dem Drängen nachzugeben. "Die ersten Kredite platzen wirklich, und die anfangs eher abstrakte Finanzkrise ist in der Realwirtschaft angekommen", begründet das ein Finanzexperte, der nicht namentlich genannt werden will. "Die Fed will daher jetzt die Risiken aus den Bilanzen der Banken herausnehmen und in ihre eigene Bilanz übertragen."

Die Aktienmärkte reagierten erleichtert auf die Fed-Ankündigung. Vor allem Banktitel profitierten davon. Der Dow-Jones-Aktienindex stieg noch am Mittwoch um 1,2 Prozent. Der Deutsche Aktienindex DAX lag gestern zeitweilig sogar 3 Prozent im Plus. Leidtragender war hingegen der US-Dollar. Für einen Euro bekam man gestern 1,37 Dollar, fünf Prozent mehr als vor der Fed-Entscheidung. Der Hauptgrund für den Dollar-Absturz ist die sagenhafte Ausweitung der Geldmenge, durch die die US-Notenbank ihre Aktion finanziert. Denn mehr Geld bei gleichbleibender Warenmenge läuft laut Lehrbuch auf Inflation hinaus und damit auch auf eine Entwertung der US-Währung.

Die Fed versuche "sich mithilfe der Inflation aus der Schuldenfalle zu befreien", erklärte Marktanalyst Heino Ruland von Ruland Research. Zahlreiche Anleger flüchteten sich deshalb bereits in sichere Sachwerte, vor allem Gold, dessen Preis gestern auf 944 Dollar pro Unze kletterte. "Verrückt" nennt das der Rohstoffanalyst Peter Fertig, der mit einem Wiederaufflammen der Inflation nicht vor 2011 rechnet.

"Angesichts der konjunkturellen Schwäche hier und in anderen Ländern erwartet der Ausschuss, dass die Inflation gedämpft bleibt", heißt es auch in der Erklärung des Offenmarktausschusses der Fed. Die Inflationsrate werde auf absehbare Zeit sogar niedriger sein, als für die Konjunktur und die Preisstabilität gut sei. In anderen Worten: Die Notenbanker fürchten nicht die Inflation, sondern eine Deflation - mit fallenden Preisen, rückläufigen Unternehmensgewinnen, Entlassungen und schrumpfender Nachfrage. Die britische Notenbank sieht die Lage ähnlich: Sie prognostiziert eine Inflationsrate von nur noch 0,3 Prozent im Jahr 2011. Als normal gilt eine Preissteigerungsrate von 2 Prozent. Der US-Ökonom Kenneth Rogoff plädiert aber schon seit längerem dafür, dass die Notenbanken einen gewissen Anstieg der Inflation ruhig zulassen sollten. Denn dadurch würden auch die Schulden entwertet und das sei dann ein wesentlicher Beitrag zur Lösung der aktuellen Krise.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.