30 Jahre und kein bisschen radikal. Der Kommentar

In 30 Jahren taz hat sich einiges verändert. Sie sei erwachsen geworden, hört man allerorten. Das stimmt insofern, als dass sie professionell geworden ist und heute von Menschen außerhalb linker Szenen gehört und ernst genommen wird. „Jeden Tag eine radikale Zeitung“ war einmal der Slogan der Zeitung, der heute nicht mehr auf sie zutrifft. Die taz mag links sein, aber radikal ist sie nur noch selten. Dabei sind Radikale nicht per se jene, die Steine schmeißen. Radikalität bedeutet, alles zu hinterfragen und nichts als gegeben zu akzeptieren – und ist somit unumgänglich, um ernst zu nehmende Antworten zu finden. Erwachsen werden kann bedeuten, seine Arbeitsweisen zu überdenken. Es muss aber nicht heißen, sich inhaltlichen Debatten zu verschließen, nur weil sie im gesellschaftlichen Mainstream nicht geführt werden. Dort ist die einst radikale tageszeitung angekommen. BENJAMIN LAUFER