Wirtschaftsfonds Deutschland: 1.100 Firmen wollen Staatshilfen

Die Bundesregierung hat den Wirtschaftsfonds Deutschland aufgelegt, um Kredite und Bürgschaften zu vergeben. Die Hilfen für Firmen sind an bestimmte Kriterien geknüpft - eigentlich.

Hier wollen sich demnächst viele Unternehmen ihr Hilfspaket abholen: Kreditanstalt für Wiederaufbau. Bild: dpa

KÖLN taz Nach der vorläufigen Rettung des Autobauers Opel wachsen auch bei anderen angeschlagenen Unternehmen Begehrlichkeiten. Die Karstadt-Mutter Arcandor, die mehr als 50.000 Mitarbeiter beschäftigt, fordert aus dem "Wirtschaftsfonds Deutschland" zum Beispiel Staatsbürgschaften in Höhe von 650 Millionen Euro und einen 200-Millionen-Euro-Kredit der staatlichen Förderbank KfW.

Den "Wirtschaftsfonds Deutschland" hatte die Bundesregierung zu Jahresbeginn mit dem zweiten Konjunkturpaket aufgelegt. Das bis zum 31. Dezember 2010 befristete Unterstützungsbündel umfasst ein 75 Milliarden Euro schweres Bürgschaftsprogramm sowie Kredite der bundeseigenen KfW im Umfang von 25 Milliarden Euro. Hinzu kommen weitere 15 Milliarden Euro für KfW-Kredite, die die Bundesregierung bereits mit dem ersten Konjunkturprogramm Ende 2008 zur Verfügung gestellt hatte. Die Gelder sollen Unternehmen aller Größenordnungen unabhängig von der Branche zugutekommen. Ausgenommen sind nur Unternehmen, die einen eigenen Zugang zum Kapitalmarkt haben. Über Anträge, die von "grundsätzlicher Bedeutung" sind oder deren Volumen bestimmte Schwellenwerte überschreiten, entscheidet ein "Lenkungsausschuss Unternehmensfinanzierung". Ihm gehören Vertreter des Bundeswirtschafts-, des Finanz- und des Justizministeriums sowie des Bundeskanzleramtes an. Alle anderen Fälle werden bei der KfW und im Bürgschaftsausschuss entschieden. Bei KfW-Krediten beträgt der Schwellenwert 150 Millionen Euro, bei Bürgschaften des Bundes 300 Millionen Euro. Als Fälle von grundsätzlicher Bedeutung gelten solche, die hohe strukturpolitische Auswirkungen oder bedeutende Arbeitsmarkteffekte haben.

Inzwischen sollen schon mehr als 1.100 Unternehmen Anträge auf Kredite aus dem Rettungsprogramm eingereicht haben. 345 Anträge mit einer Kredithöhe von insgesamt 640 Millionen Euro wurden bereits bewilligt. Sollten alle Antragsteller einen positiven Bescheid bekommen, würde der Gesamtumfang an staatlichen Krediten laut der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung rund 4,7 Milliarden Euro betragen.

Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) liegen überdies rund 20 Anträge und Anfragen von Konzernen wie Porsche und Schaeffler für Großbürgschaften mit einem Volumen von insgesamt gut 7 Milliarden Euro vor - wobei die für die Opel-Rettung fälligen Staatsmittel noch nicht eingerechnet sind. Mitte Mai traf der "Lenkungsausschuss" seine ersten Entscheidungen: Der Heidelberger Druckmaschinen AG und der Wismarer Wadan-Werft wurde Unterstützung zugesagt, ein Antrag des Autozulieferers Aksys wurde abgelehnt und der von Porsche als nicht entscheidungsreif zurückgewiesen.

Offizielle Voraussetzung, um ein Bürgschaft zu bekommen: Das Unternehmen darf erst nach dem 1. Juli 2008 in Schwierigkeiten geraten sein. Außerdem muss das Konzept wirtschaftlich tragfähig sein. Weitere Kriterien: Das Vorhaben muss "volkswirtschaftlich förderungswürdig" sein. Ferner ist das EU-Beihilferecht zu beachten. Soziale oder Öko-Auflagen gibt es nicht.

Ob ein Unternehmen mit Hilfen rechnen darf, dürfte ohnehin vor allem eine politische Frage sein. So lässt sich nur mit viel Fantasie behaupten, dass Arcandor erst im Sommer 2008 in die Krise gerutscht ist. Tatsächlich befindet sich der Warenhauskonzern aufgrund zweifelhafter Managemententscheidungen seit langem in finanzieller Schieflage. Ohne die Gewinne aus Immobilien- und Firmenverkäufen - laut Geschäftsbericht 978 Millionen Euro - hätte der damalige Chef Thomas Middelhoff bereits im Geschäftsjahr 2007 statt eines vermeintlich positiven Ergebnisses von 135 Millionen Euro tiefrote Zahlen präsentieren müssen. PASCAL BEUCKER

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