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JUNG UND PROVOKATIV Als Kunst im offenen Raum bietet Street-Art ein Gegenmodell in Krisenzeiten

Sie ist der heimliche Eindringling in die Großstadtwüsten, eine unaufhaltsame Erobererin der freien Flächen: Street-Art. Prägnant und provozierend prangen die Nachrichten auf Stromkästen, Brückenpfeilern und Litfaßsäulen. Street-Art ist eine kurzlebige Kunst, sie entsteht schnell und verschwindet bald wieder. Ihr Wert bemisst sich in den Reaktionen und Eindrücken, die sie bei den Vorbeihetzenden auslöst: ein Schmunzeln, ein Denkanstoß, vielleicht auch ein Kopfschütteln – innere Bewegung als Ziel.

Das Berliner Street-Art-Duo Lisa von Billerbeck & Gould gestaltet Plakate, die sich mit der Wirtschaftskrise und ihren Folgen beschäftigen: Ladenpleiten, Arbeitslosigkeit und Armut. „Wie die meisten Berliner Künstler leben wir seit Jahren in krisenähnlichen Verhältnissen: keine feste Arbeit und wenig Geld“, erzählt Gould. Er glaubt deshalb, dass sie besser auf die Krise vorbereitet sind. Die Plakate der beiden sollen die Krise greifbar machen, ohne schwarzzumalen. „Wir wollen auf Probleme aufmerksam machen, teils ernsthaft, teils humoristisch“, so Lisa.

In Zeiten, in denen der Krisensturm auch die Kunstlandschaft schüttelt, erscheint Street-Art als der ideale Gegenentwurf zur schillernden, aufgeblähten Kunstwelt: Sie kostet fast nichts, erreicht beinahe jeden und regt zum Nachdenken an. Durch plakative Aussagen schafft sie Konzentration aufs Wesentliche. Taugt Street-Art als Zukunftsmodell? „Ich bin überzeugt, dass die Krise auch viele Chancen beinhaltet“, glaubt Gould. Die Street-Art hat wohl vielen eines voraus: eine gute Portion Optimismus. REBECCA HACK