BND-Untersuchungsausschuss: Abschluss ohne Ende

Nach drei Jahren beendet der BND-Ausschuss seine Arbeit. Über die Deutung wurde bis zum Ende gestritten. Zumindest für SPD und Union ist jetzt alles geklärt.

Ein medialer Höhepunkt: Bundesaußenminister Steinmeier im Dezember 2008 vor dem BND-Ausschuss. Bild: dpa

Als gestern um Viertel vor zwei der CDU-Ausschussvorsitzende Siegfried Kauder dem Bundestagspräsidenten Norbert Lammert seinen Abschlussbericht überreichte, muss ihm ein Stein vom Herzen gefallen sein. Denn noch wenige Stunden zuvor stand nicht fest, ob Kauder den Untersuchungsausschuss wirklich beenden und einen Abschlussbericht vorlegen könnte und damit einen über drei Jahre dauernden Streit über die deutsche Rolle im Irakkrieg im Jahr 2003 ad acta legen würde. Denn bis zum Ende gab es Auseinandersetzungen über Details und Formulierungen.

Eine letzte Verzögerung gab es schließlich auch nach der Einigung: Die Öffentlichkeit bekommt den Bericht erst einen Tag später zu sehen, nämlich heute. "Es waren zu viele Abstimmungen im Bundestag", begründete SPD-Obmann Michael Hartmann. Das Endprodukt ist nun eine Sammlung politischer Deutungen, je nach Parteizugehörigkeit - und das auf mehr als 2.000 Seiten. "Es finden sich alle Parteien darin wieder", fasst Siegfried Kauder zusammen.

Dem gemeinsamen Ausschussbericht der Koalitionsparteien liegen nun auch die Einzelberichte von Grünen, FDP und Linken bei. Bis zum Schluss hatten die kleinen Fraktionen dafür gekämpft, dass auch diese mitveröffentlicht werden. Denn die Sondervoten unterscheiden sich in der politischen Einschätzung erheblich von denen der großen Parteien.

Ob es um die Rolle der BND-Agenten in Bagdad ging oder um die Verantwortung der Bundesregierung für das Schicksal des Bremers Murat Kurnaz - die Meinungen gehen auseinander. "Die Grundrechte sind auf der Strecke geblieben", sagt Max Stadler, Obmann der FDP im Ausschuss, und bemängelt, dass Anspruch und Wirklichkeit der rot-grünen Regierung im Irakkrieg auseinandergingen.

Dagegen sieht der Abschlussbericht von Union und SPD das Handeln der Bundesregierung stets "im Rahmen der Gesetze". Man habe sich nicht an Menschenrechtsverletzungen der USA beteiligt, oder, wie es Michael Hartmann formuliert: "Die rote Linie wurde niemals überschritten."

Für Hartmann war es ein politischer Balanceakt. Immerhin ist es sein Parteikollege und Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier, der als Kanzleramtschef die politische Verantwortung in der Zeit des Irakkrieges getragen hat. Sein Resümee: "Steinmeier ist nicht beschädigt."

Insbesondere im Fall der beiden 2003 in Bagdad arbeitenden BND-Agenten sieht der FDP-Obmann Max Stadler sehr wohl Steinmeier in der Verantwortung. Es seien "keineswegs nur Angaben über humanitäre Ziele gemacht worden", resümiert Stadler, stattdessen seien "militärisch verwertbare Informationen weitergegeben worden". Für Stadler steht damit fest: "Dies widerspricht der öffentlichen Darstellung, man habe sich nicht am Krieg beteiligt."

Auch im Fall Murat Kurnaz handelte die Bundesregierung nach Stadlers Sicht falsch. "Es gab vonseiten der Bundesregierung keinerlei Bemühungen, Kurnaz aus Guantánamo freizubekommen", sagt Stadler, "als Chef des Kanzleramts trägt Steinmeier hierfür die Verantwortung." Zudem beklagt Stadler, dass Kurnaz "sogar die Einreiseerlaubnis entzogen wurde". Man habe in der Regierung nach dem Motto "Im Zweifel für die Sicherheit" gehandelt.

Verschiedene Ansichten, verschiedene Berichte. Am Ende waren sich die Vertreter der Parteien auch darüber uneins, ob der Untersuchungsausschuss einen Mehrwert gebracht hat. "Das hat alles wenig gebracht", meint SPD-Mann Michael Hartmann, "man wusste alles schon vorher". Dem gegenüber wertet Max Stadler die Untersuchungen als Erfolg. Es seien im Laufe der Zeit immer neue Fälle ans Licht der Öffentlichkeit gekommen. Sein Fazit: "Dies war der ertragreichste Ausschuss meiner Jahre als Parlamentarier." Für zukünftige Untersuchungsausschüsse fordert Stadler, die Regelungen zum Fragerecht zu überdenken. "Es darf nicht nur nach Fraktionsstärke gehen."

Dass eben hierdurch Fragezeit einfach blockiert wurde, hat auch den Ausschussvorsitzenden Siegfried Kauder geärgert: "Manchmal hat es mich in den Fingern gejuckt, dazwischenzugehen", sagt Kauder mit Blick auf den SPD-Obmann Hartmann.

Zudem begrüßte Stadler die Reform des Parlamentarischen Kontrollgremiums, das schon vor dem Ausschuss ermittelt hatte. Die Rolle der Opposition wurde gestärkt, in Zukunft solle es "frühzeitig einbezogen werden". Den Ausschuss empfand Siegfried Kauder als "schwierige Arbeit", Kollege Stadler sagt: "Es hat eine Menge Schweiß gekostet." Eins hat es seiner Ansicht nach gebracht: "Einige Entscheidungen würden heute so nicht mehr getroffen werden."

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