Nein, immer diese Diesel aber auch!

UMWELTSTEUER Trotz der Ökosteuer ist der Anteil der umweltbezogenen Steuern in den vergangenen Jahren gesunken. Was sind die Gründe?

Diesel sollte so hoch besteuert werden wie Benzin, fordern Umweltschützer

BERLIN taz Die ökologische Steuerreform der rot-grünen Bundesregierung ist weitgehend verpufft. Im Jahr 2008 lag der Anteil der umweltbezogenen Steuern am Gesamtsteueraufkommen unter dem von 1998, dem Jahr vor der Reform. Allerdings ist das nicht unbedingt der Ökosteuer anzulasten. Die Gründe sind vielfältig: So erhöhte sich das Gesamtsteueraufkommen in den letzten Jahren wegen der guten Konjunktur und der Mehrwertsteuererhöhung stark, entsprechend sank der Anteil der Umweltsteuern. Zudem wechselten viele Autofahrer von Benzinern zu Dieselfahrzeugen, weil für Diesel weniger Mineralölsteuer je Liter zu zahlen ist. Die Leute fahren nicht weniger Auto, aber sie zahlen weniger Umweltsteuern dafür.

Im vergangenen Jahr lag der Anteil der Umweltsteuern – Energiesteuer (früher: Mineralölsteuer), Stromsteuer und Kfz-Steuer – mit 54,4 Milliarden Euro nur noch bei 9,7 Prozent des gesamten Steueraufkommens. Das gab das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Mittwoch bekannt. 1998 lag dieser Anteil bei 9,8 Prozent; im Jahr 2003 waren es dagegen noch 12,9 Prozent. Seither ist dieser Anteil kontinuierlich gesunken. Insgesamt waren die Einnahmen aus den Umweltsteuern zwischen 2003 und 2008 rückläufig, sie verringerten sich um 4,7 Prozent. Im selben Zeitraum stiegen die Gesamtsteuereinnahmen jedoch um 26,9 Prozent, wobei es im Jahr 2007, dem Jahr der Erhöhung der Mehrwertsteuer, den größten Sprung gab.

Seit 2003 verringern sich die Einnahmen aus Umweltsteuern aber nicht nur relativ, sondern auch in absoluten Zahlen. Erzielte der Staat mit ihnen 2003 noch rund 57 Milliarden Euro, so waren es 2008 rund 54 Milliarden Euro (zum Vergleich: 1998 waren es 42 Milliarden). Dieser Rückgang beruht vor allem auf sinkenden Einnahmen aus der Mineralölsteuer, denn die Einnahmen aus der Kfz-Steuer stiegen im gleichen Zeitraum sogar, und die Einnahmen aus der Stromsteuer – 1999 von Rot-Grün eingeführt – sanken nur moderat. Eine Tendenz zum Stromsparen lässt sich daraus aber nicht herauslesen, zumal in privaten Haushalten Spareffekte wie durch effiziente Kühlschränke durch höhere Verbräuche bei Fernsehern und Rechnern kompensiert werden.

Das Sinken der Mineralölsteuereinnahmen führen die Statistiker vor allem auf eine Verschiebung des Absatzes von Benzin zum geringer besteuerten Diesel zurück. Während 2003 noch mehr Benzin als Diesel verkauft und versteuert wurde, wird inzwischen deutlich mehr Diesel verkauft. Zudem hat sich die Menge des in Deutschland versteuerten Kraftstoffs insgesamt reduziert, und zwar um 2,3 Prozent seit 2003. Das bedeutet aber nicht unbedingt, dass die Deutschen weniger Auto fahren: Sie haben sich sparsamere Autos oder Dieselfahrzeuge zugelegt oder auf Erdgas oder Autogas umgerüstet. Und wenn sie in Grenznähe wohnen, tanken sie oft im billigeren Ausland.

Die steuerliche Bevorzugung von Diesel gegenüber Benzin – je Liter fallen beim Diesel 47 Cent, beim Benzin 65,5 Cent Mineralölsteuer an – soll nach Ansicht von Umweltschützern beendet werden. „Die Schere muss sich schrittweise schließen“, fordert etwa der Autoexperte des alternativen Verkehrsclubs Deutschland (VCD), Gerd Lottsiepen. Dies sei auch klimapolitisch geboten, denn Diesel emittiere je verbrauchten Liter 13 Prozent mehr Kohlendioxid. Allerdings sind Dieselfahrzeuge auch sparsamer. Die hohen Dieselpreise der vergangenen Monate – teilweise war Diesel fast so teuer wie Benzin – hatten nichts mit der Besteuerung zu tun, sondern gingen auf die Preispolitik der Ölkonzerne, die gestiegene Nachfrage und Kapazitätsengpässe der Raffinerien zurück.

Dass Diesel dem Benzin steuerlich gleichgestellt wird, ist jedoch kaum zu erwarten. Gegen solche Pläne würde nicht nur das Speditionsgewerbe Sturm laufen, sondern vor allem die deutsche Autoindustrie. Denn diese hat technologisch voll auf die Entwicklung von Dieselmotoren gesetzt und wird diesen Vorsprung vor Wettbewerbern, die etwa die Entwicklung des Hybridantriebes forcierten, kaum aus der Hand geben wollen.

RICHARD ROTHER