Pläne für Wüstenstrom besiegelt

MÜNCHEN reuters/epd/dpa | Europa soll künftig einen großen Teil seines Stroms in den Wüsten Afrikas gewinnen. Dazu soll das sogenannte Projekt Desertec innerhalb von gut drei Jahren fertige Pläne zum Bau von Solarkraftwerken vorlegen, wie ein Konsortium von zwölf Unternehmen aus dem In- und Ausland am Montag in München mitteilte. Ziel der langfristig angelegten Initiative, deren Investitionsvolumen die Teilnehmer auf 400 Milliarden Euro schätzen, sei eine emissionsfreie Energieerzeugung. „Es wird angestrebt, einen Anteil von rund 15 Prozent des Strombedarfs von Europa und einen erheblichen Anteil des Strombedarfs für die Erzeugerländer zu produzieren.“

Unterzeichnet haben die Absichtserklärung die Unternehmen Münchener Rück, Siemens, RWE, Eon, die HSH Nordbank, die Deutsche Bank, die Schweizer ABB sowie die Solarspezialisten und Anlagenbauer MAN Solar Millennium, Abengoa Solar aus Spanien, Schott Solar, Cevital aus Algerien und M+W Zander. Bis Ende Oktober soll nun die Firma Desertec Industrial Initiative (DII) nach deutschem Recht gegründet werden. Der Gesellschafterkreis soll noch internationaler werden.

Max Schön, Präsident der Deutschen Gesellschaft des Club of Rome, sagte, Desertec sei ein Schritt der Industrie zur nachhaltigen Sicherung der Lebensgrundlagen der Menschheit.

Siemens sprach von einem enormen Potenzial. „Die Wüstenregionen der Erde empfangen in sechs Stunden mehr Energie, als die Menschheit in einem Jahr verbraucht.“ In der Sahara stehe die Sonne über 4.800 Stunden im Jahr zur Stromerzeugung zur Verfügung – dreimal so lange wie in Deutschland. „Solarkraftwerke auf einer Fläche von 300 mal 300 Kilometern würden ausreichen, um den gesamten weltweiten Energiebedarf zu decken.“ Den Strom nach Europa zu leiten sei unproblematisch, hieß es.

Greenpeace begrüßte das Projekt und forderte die Bundesregierung auf, sichere politische Rahmenbedingungen für die Investitionen zu schaffen. Dafür sollten Gelder umgeleitet werden – von Atom- und Kohlekraftwerken zum Ausbau erneuerbarer Energien.

Die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) bezeichnete das Wüstenstromprojekt als „sehr eurozentristische Idee“. Frühestens in zehn Jahren könne die Solartechnologie auch für Nordafrika interessant werden, sagte der GTZ-Projektleiter in Marokko, Dieter Uh, im Deutschlandradio Kultur. Derzeit koste die Kilowattstunde aus einem Solarkraftwerk noch zwischen 15 und 20 Cent: „Das ist schlicht und ergreifend für diese Länder viel zu teuer.“ Afrika darf nicht denselben Fehler machen wie wir und in Kohle, Gas und Atom investieren“, sagte der Sprecher der Welthungerhilfe, Ralph Dickerhoff. Es wäre sinnvoll, Ländern in unmittelbarer Nachbarschaft von Solaranlagen einen guten Preis für Solarstrom zu machen. Bei den Abnehmern vor Ort fielen ja auch hohe Erschließungskosten weg.