KOMMENTAR JULIA FRITZSCHE UND LEONIE KAPFER ÜBER GENDER
: Geschlechter rollen

Die Krise ist da, das Finanzsystem am Ende, die Wirtschaft im Zusammenbruch. No jobs, no future? Vielleicht. Aber dafür haben wir jetzt ganz andere Möglichkeiten. Gerade in die festgefahrene Geschlechteraufteilung des Arbeitsmarkts kann das eine neue Dynamik bringen.

Denn trotz Krise sind klassische Frauenberufe im Gesundheits- und Sozialwesen im Aufwind, wohingegen typisch männliche Domänen wie das Handwerk stark gebeutelt werden. Dies birgt die Chance, dass mehr Männer einen sozialen Beruf ergreifen.

Die Krise könnte aber auch ein weiteres kritisiertes Modell beerdigen: die Versorgerehe. Geboren aus dem beginnenden Luxus und Wohlstand der westlichen Welt, scheint auch dieses Phänomen nun sein Ablaufdatum erreicht zu haben.

Weg von finanzieller Abhängigkeit und hin zu gleichberechtigter Partnerschaft könnte die Gesellschaft in Sachen Gender-Fairplay noch einiges lernen.

Da Ellbogengesellschaft und Gewinnoptimierungssucht versagt haben, werden nun vermeintlich „weibliche“ Fähigkeiten notwendig: Risiken vernünftig abwägen, das eigene Potenzial realistisch einschätzen und nachhaltig wirtschaften. Bisher galt der kurzfristige Gewinn als oberstes Ziel. Davon profitierten in erster Linie Männer. Ihnen war hartes Vorgehen und Rücksichtslosigkeit anerzogen worden. Damit Frauen in dieser Gesellschaftsform Schritt halten konnten, predigten die einen Frauenmagazine ihren Leserinnen, wie „Männer“ zu denken: Nehmt keine Rücksicht, scheut kein Risiko! Die anderen rieten ihnen, ihre „weiblichen“ Seiten hervorzukehren: Seid sozial und lächelt, das könnt ihr!

Das ist jetzt endlich vorbei – mit dem Einzug von Arbeitslosigkeit und einer unsicheren Zukunft werden wir endlich davon erlöst, „männlich“ oder „weiblich“ sein zu müssen. Stattdessen müssen einfach wir alle menschlich sein: indem wir wieder lernen, uns gegenseitig zu unterstützen, sorgfältig mit uns und unserer Umwelt umzugehen und Geld nicht so wichtig zu nehmen.