In der Union regt sich erste Kritik an Guttenberg

BERLIN taz | „Die Fraktion und die Partei stehen hinter zu Guttenberg“, sagt Peter Altmaier, Fraktionsgeschäftsführer der Union und Merkels Vertrauter. Das ist die Linie nach Karl-Theodor zu Guttenbergs Geständnis am Montagabend. Bloß keine Risse zeigen, die Front muss stehen. Volker Kauder sagte in der Fraktionssitzung am Nachmittag zu Guttenberg: „Du kannst dich auf unsere Solidarität und Freundschaft verlassen.“ Danach gab es keine weitere Wortmeldung mehr zu dem Fall. Diesen Kurs hatte Kanzlerin Angela Merkel schon am Montag vorgezeichnet, als sie den CSU-Mann als Minister lobte und die Fälschung der Dissertation zu einer Art Privatsache verkleinerte.

Die Bagatellisierung dessen, was Guttenberg getan hat, ist die erste Verteidigungslinie der Union; die zweite, dass, egal wie erdrückend die Beweislast sein mag, nur das geordnete Verfahren entscheidet. Nur die Universität Bayreuth kann darüber befinden, ob die Arbeit ein Plagiat ist. Und das will sie auch tun. Ob zu Guttenberg der Doktorgrad entzogen wird, entscheidet, so der Bayreuther Uni-Präsident Rüdiger Bormann, „eindeutig die Universität“ – und nicht zu Guttenberg, der generösen Verzicht anbot. Wann die Uni ihr Urteil fällt, ist offen.

In der Union trauen sich nur Einzelne, den Jungstar offen zu kritisieren. Regina Görner, Mitglied des CDU-Bundesvorstands, sagte der taz: „Herr zu Guttenberg hätte sich besser früher zu seinen Fehlern bekannt“, so Görner. „Auch der Auftritt in Kelkheim reicht als Entschuldigung nicht aus. Herr zu Guttenberg muss erklären, wie es zu den krassen Fehlern in seiner Dissertation gekommen ist.“

Das denken manche, sagen aber nur wenige, und wenn, nur anonym. In Regierungskreisen heißt es, „viele im bürgerlichen Lager seien fassungslos“, Guttenberg sei wegen der Affäre politisch schwer angeschlagen. Jedoch gilt im Kanzleramt ein Kabinettswechsel als unangenehm für Angela Merkel, besonders bei der komplexen anstehenden Bundeswehrreform.

Doch harte offene Kritik äußert niemand aus der Führungsriege. Das hat möglicherweise mit den Umfragen zu tun, die zeigen, dass, laut ARD, 73 Prozent der Befragten mit Guttenbergs Arbeit zufrieden seien. Die Union kann sich seinen Sturz demnach nicht leisten. Allerdings ist auch klar, so ein CDU-Vorstandmitglied zur taz: „Guttenberg darf sich ab jetzt nichts mehr erlauben.“

Mit Guttenbergs Schummelei wird sich auch der Ältestenrat des Bundestags befassen. Denn der Minister hatte ohne Erlaubnis einen Text des Wissenschaftlichen Dienstes in seine Dissertation kopiert. Und am Mittwochnachmittag streitet der Bundestag in einer Aktuellen Stunde über den Fall. Laut dem grünen Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck werde Guttenberg zwar reden, aber keine Fragen zulassen. Beck sagte der taz: „Der Minister ist dem Parlament Rede und Antwort schuldig. Alles andere ist Feigheit.“

STEFAN REINECKE, GORDON REPINSKI