Debatte über Intervention in Libyen: US-Militär rät zu Zurückhaltung

US-Außenministerin Hillary Clinton befürwortet eine Flugverbotszone über Libyen. Verteidigungsminister Robert Gates zeigt sich dagegen skeptisch.

Sie warnen vor "multiplen Konsequenzen": Robert Gates (li) und Mike Mullen. Bild: dapd

WASHINGTON taz | "Außergewöhnlich komplex" nennt Mike Mullen die Frage einer Flugverbotszone über Libyen. Der Admiral und Chef des Vereinigten Generalstabs sitzt in Uniform neben Verteidigungsminister Robert Gates im Pentagon. Der erklärt den JournalistInnen: "Wir prüfen jede Menge von Optionen und Eventualitäten." Und mahnt zugleich vor den "multiplen Konsequenzen" militärischer Aktionen gegen Libyen.

Die Resolution des Weltsicherheitsrats vom Samstag beinhalte keine Militärintervention, präzisiert der Verteidigungsminister und erklärt zugleich, dass es in der Nato "keine Einstimmigkeit über ein bewaffnetes Vorgehen" gebe. Dann stellt er zwei rhetorische Fragen: "Welche Konsequenzen hätte es für Afghanistan und den Persischen Golf, wenn wir zusätzliche Kräfte nach Libyen bewegen würden? Und welche Alliierten würden mit uns dabei zusammenarbeiten?" Eine Antwort gibt Gates gleich selbst: "Wir müssen darüber nachdenken, ob es sinnvoll ist, US-Militärs in einem anderen Land des Nahen Ostens einzusetzen."

Während die Pressekonferenz im Verteidigungsministerium stattfindet, sind zwei US-Kriegsschiffe sowie 400 Marines im Suezkanal unterwegs. Am Mittwoch sollen sie im Mittelmeer ankommen. Fast zeitgleich mit dem Verteidigungsminister warnte auch General James N. Mattis vor "Illusionen" in Libyen. Der General, der die US-Militäroperationen im Nahen Osten überwacht, sagte vor dem Armeeausschuss des Senats, vor der Einrichtung einer Flugverbotszone müsse die libysche Luftverteidigung am Boden "außer Gefecht gesetzt" werden. Und das müsse "vermutlich" mit Luftangriffen geschehen.

Der General zu den SenatorInnen: "Es wäre eine militärische Operation. Und nicht einfach die Aufforderung: Fliegt nicht mehr." Die Aufrufe von Generälen und des US-Verteidigungsministers zu militärischer Zurückhaltung in Libyen sind ein Echo auf US-Außenministerin Hillary Clinton. Die hatte seit dem Wochenende mehrfach und geradeheraus von der Einrichtung einer Flugverbotszone gesprochen. Die befände sich in der "aktiven Erwägung", sagte Clinton. Gleichzeitig warnte die US-Außenministerin vor einem langjährigen Bürgerkrieg in Libyen. Die US-Botschafterin bei der UNO, Susan Rice, nannte Gaddafis Äußerungen "wahnhaft".

Die richtige (militärische) Haltung gegenüber der Lage in Libyen ist in Washington nicht nur innerhalb der Obama-Verwaltung umstritten. Auch aus der republikanischen Opposition kommen widersprüchliche Stimmen. Zwei republikanische Senatoren haben gerade eine Blitzreise durch fünf arabische Länder und Israel gemacht.

Bei einer Pressekonferenz in Jerusalem zeigten John McCain und Joseph Lieberman in Jerusalem ihre Ungeduld über das Zögern der US-Spitze. "Wir geben 500 Milliarden Dollar für die Verteidigung aus und können trotzdem die Libyen-Luftwaffe nicht außer Gefecht setzen", fragte McCain. Lieberman sagte zuversichtlich: "Wenn wir den libyschen Piloten klarmachen, dass es ein Flugverbot gibt, werden sie nicht nicht mehr fliegen."

Wie stark jene Stimmen in der libyschen Opposition sind, die ein ausländisches, militärisches Eingreifen aus der Luft befürworten, ist völlig offen. Die Obama-Verwaltung versucht gerade erst, Kontakte zu der libyschen Opposition aufzubauen. Der bisherige libysche Botschafter in den USA, Ali Aujali, der aus Protest gegen Gaddafi zurückgetreten ist, aber vorerst noch in dem Amtsgebäude in Washington ist, könnte dabei eine Rolle spielen.

Allerdings ist bereits ein "Fax aus Tripolis" angekommen, das einen Gaddafi-treuen Nachfolger zum neuen Botschafter bestimmt. Das US-Außenministerium prüft gegenwärtig das Schreiben "auf seine Authentizität" .

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