Landraub für den Soja-Anbau

AGRAR Die Geschäfte der Großkonzerne schaden der Landbevölkerung

PORTO ALEGRE taz | Das 6,5-Millionen-Land Paraguay ist der weltweit viertgrößte Sojaproduzent. Unaufhaltsam rückt die Sojafront vor. Die riesigen Felder mit den proteinhaltigen Bohnen machen bereits drei Viertel der gesamten Nutzfläche aus. Davon profitieren auch die Konzerne Monsanto, Cargill, Syngenta, ADM oder Bunge sowie Spekulanten und Investoren aus Übersee. So ist ein Agrarfonds der Deutschen Bank am argentinischen Konzern Cresud beteiligt, der in Paraguay viel Land besitzt.

Selbst für lateinamerikanische Verhältnisse ist die Landverteilung in Paraguay obszön: 2,5 Prozent der Landbesitzer kontrollieren 85 Prozent des Grund und Bodens, noch immer harren etwa 90.000 Landlosenfamilien in hunderten von Camps an Straßenrändern aus. So auch an der nördlichen Grenze von Itapúa. Beiderseits einer Schnellstraße erstrecken sich dutzende Bretterbuden. Etliche der 130 Familien an diesem Straßenabschnitt leben seit 13 Jahren dort.

Exportiert wird das Futtermittel Soja zu zwei Dritteln nach Europa, aber auch Agrodiesel auf Sojabasis wird immer populärer. Nicht nur auf die Artenvielfalt, sondern auch auf die Gesundheit der Landbevölkerung wirken sich die riesigen Gensoja-Monokulturen fatal aus. Wegen der wachsenden Resistenz von Unkraut gegen das Herbizid des Monsanto-Konzerns oder seine chinesischen Billigimitate wird immer mehr versprüht, schätzungsweise 20 Millionen Liter pro Jahr.

Kleinbauern, Tiere, Obst- und Gemüsefelder werden durch die Schwaden oder Rückstände in Bächen vergiftet. Juana Cuba aus der Landlosensiedlung hat eine Totgeburt hinter sich. „Das kann an den Besprühungen liegen“, vermutet die 31-Jährige.

In den letzten 30 Jahren vertrieben Soldaten und Paramilitärs fast 100.000 Kleinbauern und Indigene von ihrem Land, über 100 ihrer Sprecher wurden ermordet. Während dafür ein einziger Täter hinter Gittern landete, wurden über 2.000 Bauern wegen Widerstandes gegen die Sojaindustrie angeklagt. GERHARD DILGER