Ende der royalen Schwangerschaft: Wölbt sich da wieder was?

Im Westen gibt es wenige Frauen, deren primäre Pflicht das Gebären ist. Unverhohlen beobachtet der Boulevard deshalb Kate.

Diese Kate bleibt gertenschlank: Wachsfigur in Tokio. Bild: reuters

WIESBADEN taz | Hat sie also doch noch geworfen? Schön. War ja auch höchste englische Eisenbahn. Zwar hat „Kate“ etwas geleistet, was Milliarden andere ebenso zuwege bringen. Dennoch wollen wir sie loben und preisen, weil jetzt endlich aufhört, was sich seit Monaten in geifernden Sätzen äußert wie: „Zwar ist sie immer noch gertenschlank, doch die Miniwölbung am Bauch war nicht zu übersehen“ oder „Unter Kates engem Sommerkleid zeichnen sich die Rundungen deutlich ab.“

Sex, Geburt, Trennung und Tod sind die vier metaphysischen Pfeiler des Boulevards. Aber nur bei der spekulativen Bauchbeobachtung ist er ganz bei sich. Wölbt sich was? Da wölbt sich doch was! Uiiii, wie süüüüß.

Und da es in der westlichen Welt nicht mehr allzu viele Frauen gibt, deren primäre Pflicht das Gebären eines Stammhalters wäre, richtet sich alle Aufmerksamkeit umso unverhohlener auf die Herzogin: „Wann immer sie sich im Profil zeigte, hielt sie ihren Arm oder einen mächtigen Strauß Blumen vor den Unterleib“, schöpfte Cosmopolitan schon früh Verdacht: „Bisher verwehrten immerzu Mäntel den Blick auf Kates Rundungen.“

Ähnlich die Stuttgarter Zeitung: „War das royale Bäuchlein bisher kaum aufgefallen, sieht man der 31-Jährigen jetzt endlich auch an, dass sie im siebten Monat schwanger ist. Bei einem Besuch der britischen Pfadfinder im Schloss Windsor trug die Frau von Prinz William Lindgrün – und eine stolze Kugel vor sich her.“

„Braun gebrannt und gut erholt“

Sogar der MDR, debil wie immer, berichtete: „Braun gebrannt und gut erholt zeigte sie bei einem Termin in London öffentlich mit einem sichtbaren Bauch den Kameras (…) Gelegentlich schützend die Hand auf den Bauch legend war sie gut gelaunt und strahlte.“ Und die Bunte fasste zusammen: „Hatte sie ihre süße Babykugel sonst stets gut verhüllt, präsentiert Kate ihr Schwangerschaftsbäuchlein nun in voller Pracht.“

Was soll das? Woher diese schmierige Fixierung auf viszerale Vorgänge? Woher diese seltsam sublimierte Lust am Taxieren des weiblichen Körpers, seinen Schwellungen, seinen Rundungen, seiner „Pracht“.

Es ist der gleiche Blick, der seit dem Pleistozän in allen Kulturen auf die junge Frau in ihrer Mitte gerichtet gewesen sein mag: Liefert sie endlich ein Kind? Es ist falsche Freude darüber, dass mit diesem Körper etwas geschieht, was er nicht verbergen kann.

Schwangerschaft – also Brut, nicht Sex – legitimiert jeden Voyeurismus, solange er sich in den Mantel geheuchelter Anteilnahme hüllt. Wobei die Frau gar nicht anders kann, als ihrer angeblichen biologischen Bestimmung entgegenzuhecheln und diese damit noch zu affirmieren. Freilich bleibt die Mutter unter der Beobachtung des Pöbels. Schon bald wird sie dafür gelobt werden, dass keine Wölbungen mehr zu sehen sind. Oder wölbt sich da wieder was?

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