Die Kanzlerin lebe hoch, hoch, hoch!

DEUTSCHLAND Angela Merkel wird mit Lob überschüttet

BERLIN taz | Der Bundestag wird zum Angela-Merkel-Fanclub. Nach dem Gipfeltreffen von Minsk überbieten sich die Parteien mit Huldigungen für die Kanzlerin. Ob sie bei der nächsten Wahl als parteiübergreifende Kandidatin antreten kann, scheint nur noch von einer kleinen Frage abzuhängen: Hält die vereinbarte Waffenruhe?

„Wir alle hoffen, dass die Chancen, die der heutige Tag bringt, auch genutzt werden“, sagte SPD-Parteichef Sigmar Gabriel. Ähnlich äußerte sich auch der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Franz Josef Jung. Das Ergebnis von Minsk gebe „Hoffnung, dass eine politische Lösung des Konfliktes in der Ostukraine möglich ist“, sagte der Exverteidigungsminister. Ausdrücklich dankten Jung und Gabriel Merkel für ihren „unermüdlichen Einsatz“.

Seinen „hohen Respekt“ zollte Merkel auch der SPD-Vizefraktionschef Rolf Mützenich. „Die Bundeskanzlerin ist mit den Verhandlungen und der Reise in die USA bis an die Grenze der körperlichen Belastbarkeit gegangen“, so Mützenich zur Welt.

Als „dringend benötigtes Lebenszeichen der Diplomatie“ begrüßte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt die vereinbarte Waffenruhe. „Alle Konzentration muss jetzt darauf gerichtet werden, die Durchsetzung der Vereinbarungen zu garantieren“, forderte sie. Die „Hoffnung auf Frieden“ in der Ukraine sei die „wichtigste Botschaft von Minsk“, kommentierte der grüne Bundestagsabgeordnete Jürgen Trittin. Es bleibe aber ein „langer Weg zu gehen“.

Auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte: „Die heutige Vereinbarung ist keine umfassende Lösung und schon gar kein Durchbruch.“ Sie könnte aber „nach Wochen der Gewalt ein Schritt sein, der uns von einer militärischen Eskalationsspirale weg und hin zu politischem Momentum führen könnte“, formulierte Steinmeier vorsichtig.

Von einem „Erfolg der Diplomatie, der bedeutend werden könnte“, sprach der Linksfraktionschef Gregor Gysi. „Europa hat sich letztlich doch fähig gezeigt, für einen solch schwierigen Konflikt erste Schritte zum Frieden zu gehen.“ Nun seien alle am Konflikt Beteiligten gefordert, „durch die Tür, die in Minsk geöffnet worden ist, auch hindurchzugehen“.

Geradezu euphorisch äußerte sich Dietmar Bartsch über die Rolle Merkels. „Sie hat deeskaliert, sie war eine Stimme der Vernunft, sie hat auch nicht die Forderungen, die aus den Vereinigten Staaten gekommen sind, in irgendeiner Weise erfüllt“, sagte Bartsch dem SWR. „Da können wir auch ausnahmsweise mal gemeinsam auf die Kanzlerin stolz sein.“ Nur der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko zeigte sich noch begeisterter von Merkel. „Das Menschliche ist bei ihr ganz vorn, dann kommt der Rest“, sagte er.

PASCAL BEUCKER