kunstrundgang
: Brigitte Werneburg schaut sich in den Galerien von Berlin um

Bis 12. März, „Zeit Raum Bild. 10 Jahre Dokumentarfotografie“, Förderpreise der Wüstenrot-Stiftung, Museum für Fotografie, Kulturforum am Potsdamer Platz, Matthäikirchplatz, Di–Fr 10–18, Sa, So 11–18 Uhr

Das Publikum drängte sich. Marko Kassl und Alexander Matrosov spielten auf ihren Akkordeons J. S. Bach gleichermaßen virtuos wie Astor Piazzolla. Die Redner allesamt – Peter-Klaus Schuster von den Staatlichen Museen, Friedrich Pfäfflin von der Wüstenrot-Stiftung, Ute Eskildsen von der Fotografischen Sammlung des Museums Folkwang in Essen und Ludger Derenthal vom Museum für Fotografie – sprachen engagiert und kurz. Last not least gaben auch die im Anschluss gereichten Häppchen und Getränke keinen Grund zu Beanstandung. Fazit: Die Ausstellungseröffnung hatte Klasse und wer am Donnerstagabend zufällig von der Gemäldegalerie kommend durch das Kulturforum schlenderte, hätte sicher nicht gewettet, dass ausgerechnet die Dokumentarfotografie ihr glänzender Anlass war.

Deren Wertschätzung ist in den vergangenen Jahren gewaltig gewachsen. Ausgerechnet in einer für FotografInnen schwierigen Zeit, in der die traditionell der Dokumentation verpflichteten Medien immer rarer werden. Vielleicht liegt gerade darin die Ursache für das große Interesse an der abbildorientierten Fotografie? Denn die scheint ihre prekäre Vermarktungssituation in eine neue Freiheit der Bildfindung umgemünzt zu haben, ob analog oder digital, ob Print, Diaprojektion oder Videoinstallation. So jedenfalls zeigt es die umfassende Retrospektive „Zeit Raum Bild“, die die Förderpreisträger der Wüstenrot-Stiftung seit 1994 vorstellt. Beispielhaft für die freie, konzeptuelle Herangehensweise ist Ulrich Geberts Beobachtung der Ausbildung von Spezialeinsatzkommandos, deren Besonderheit in der Abwesenheit des Gegners liegt. Mit dieser Leerstelle nun markiert Gerbert auf denkbar kühlste Weise die Hysterie des „war on terror“. Eine preiswerte Edition für beginnende Sammler aus Anlass des Förderpreises machte die Sache perfekt.