WOCHENÜBERSICHT: BÜHNE
: Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Der Wintergarten ist dicht, die Tribüne auch. Aber die Vagantenbühne auf der Kantstraße lebt, inzwischen schon 60 Jahre lang; ein Jubiläum, das man am nächsten Montag auch feierlich begeht. Und zwar mit der Uraufführung von Rainer Behrends Dramatisierung von Theodor Fontanes Roman „Effi Briest“, der tragischen Geschichte einer preußischen Zwangsehe im 19. Jahrhundert. Ehrenmord inklusive. Regie führt ebenfalls Rainer Behrend, der das Theater seit 1977 zusammen mit seinem Bruder Jens-Peter leitet. Zufällig findet am gleichen Tag im Friedrichstadtpalast im Rahmen der Berlinale die Weltpremiere von Hermine Huntgeburths Effi-Briest-Verfilmung mit Julia Jentsch statt. Rainer und Jens-Peter Behrend sind Söhne von Horst Behrend, der die Vagantenbühne 1949 mit Günter Rutenborn ursprünglich gegründet hatte, um die schuldig gewordenen Mitbürger mittels christlich orientierter Stücke auf den Pfad der Tugend zurückzuführen. „Die Geschichte ist noch nicht zu Ende!“, teilt uns im Zusammenhang von gleichfalls 60 Jahren BRDDR das Maxim Gorki Theater mit und meint natürlich nicht die Geschichte an sich, sondern die deutsche, die weder eine Stunde null noch eine Wende kannte, sondern – trotz verständlicher Sehnsucht nach Neuanfang, Umkehr oder Korrektur – eben einfach immer weitergeht. Ob es uns gefällt oder nicht. Am Wochenende konzentriert das Gorki Theater unter dem Spielzeitmotto „Korrekturen“ Stoffe und Autoren aus Ost- und Westdeutschland zu einem vielstündigen Spektakel aus szenischen Lesungen und Skizzen, von Heiner Müller bis Bernward Vesper. Am Samstag, dem Hauptspektakeltag, beginnt es mit einer Lesung von Briefen, die heutige Zuschauer des Theaters einst „über die Mauer“ von West nach Ost oder umgekehrt schrieben. Als Letztes wird dann um 23 Uhr Manfred Krug Lieder „Von der Sonnenseite“ singen.

„Effi Briest“: Vagantenbühne, ab Mo

„Korrekturen“: Maxim Gorki Theater, Fr–So www.gorki.de