Daniél Kretschmar hört auf den Sound der Stadt

Über Neutrinos, jene Teilchen, deren zügige Fortbewegungsweise gerade entdeckt wurde, sammeln Menschen unzählige Witzchen im Internet. Die Grundannahme hinter denen ist aber falsch. Und zwar deshalb, weil im Narrativ behauptet wird, Überlichtgeschwindigkeit sei die Voraussetzung für eine Art Zeitreise. Die im CERN vermessenen Neutrinos sind aber nicht angekommen, bevor sie losgeschickt wurden, sie waren „nur“ schneller da, als erwartet. Zu fragen, seit wann das dem Neutrino bekannt ist und es antworten zu lassen: „Seit morgen“, kann also lustig sein, hat jedoch nichts mit dem Experiment zu tun.

Humor ist ja eine Frage des Geschmacks. Und der Redundanz. Wenn jemand mehrere (z. B. 15) Neutrino-Witze, alle nach demselben Schema (Ein Neutrino. – Wer ist da? – Klopfklopf.), laut in ein vollbesetztes und schnell völlig gleichgültiges Großraumbüro hineinliest, speist sich das potentielle Amüsement weniger aus den Witzen selber, als aus der unfreiwilligen Komik des absurden Vortrags.

Nun ist es ja so, dass in dieser Kolumne musikalische Highlights dem gnädigen Publikum anempfohlen werden sollen …

Morgen spielen A Pony Named Olga. Die machen sehr flotten Garagen-Country-Rock. Sehr schön. Übermorgen gedenken die beiden urgesteinigen Deep-House-DJs Sadar Bahr und Theo Parrish mit einem Set des kürzlich verstorbenen Rap-Übervaters Gil Scott-Heron. Auch sehr schön. Am Montag schließlich gibt es die Newcomer Airship mit einem darkwaverockigen Manchester-Sound. Ganz ordentlich. Und am Mittwoch kommt The Icarus Line. Hardrock, psychedelisch und laut. Wiederum sehr schön.

Wenn Sie jetzt noch im Internet statt Neutrinowitzen die Webseiten der Bands suchten, könnten Sie auch schon mal in die Musik reinhören.

Nichts zu danken.

■ A Pony Named Olga: Sa., 22 Uhr, Antje Øklesund, Rigaer Str. 71

■ Sadar Bahar, Theo Parrish: So., 23 Uhr, Festsaal Kreuzberg

■ Airship: Mo., 21 Uhr, Crystal, Columbiadamm 9–11

■ The Icarus Line: Mi., 21 Uhr, Magnet Club, Falckensteinstr. 48