Berliner Landesgemeinschaft Umwelt und Entwicklung

„Unfair Tobacco“ – über Globalisierung und die Folgen der Tabakproduktion

Termin:

Am ersten Dezember stellt die Gruppe die Arbeit ihrer Unfair-Tobacco-Kampagne im Attac-Treff vor. 19 Uhr, Grünberger Str. 24, in Friedrichshain.

Im Netz:

www.blue21.de

„Tabakanbau ist eine Gefahr für Mensch und Natur“, erklärt Dinah Stratenwerth, Mitarbeiterin der Berliner Landesgemeinschaft Umwelt und Entwicklung (BLUE 21). In ihrer aktuellen Kampagne „Unfair Tobacco“ warnt die Berliner Organisation vor den Folgen des industriellen Tabakanbaus im globalen Süden.

Dabei geht BLUE 21 vor allem auf die gesundheitlichen und ökologischen Folgen ein. Wie Stratenwerth berichtet, litten Bäuerinnen und Bauern nicht nur unter den eingesetzten Pestiziden, sondern ebenfalls unter der Tabakpflanze selbst, deren grüne Blätter eine hohe Konzentration an Nikotin enthalten. Das Problem: Da das Nervengift wasser- und fettlöslich ist und Hände der TabakarbeiterInnen durch das tropische Klima oft nass sind, wird die Nikotinaufnahme durch die Haut begünstigt. „Wenn die Menschen den ganzen Tag den grünen Tabak pflücken, ist es , als würden sie ununterbrochen rauchen“, erklärt Stratenwerth, die die Kampagne durchführt.

Ein Großteil der TabakarbeiterInnen erkrankten während der Erntezeit an der sogenannten Green Tobacco Sickness, einer Krankheit, die sich durch Symptome wie Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Schwindel äußert. Das Risiko könnte durch das Tragen von Handschuhen gemindert werden. Diese seien auf Tabakplantagen in Ländern wie Brasilien und Malawi jedoch eine Seltenheit. Das liege zum einen am heißen Klima. Zum anderen brauchten die PflanzerInnen ihren Tastsinn, um fühlen zu können, wann die Blätter reif zum ernten sind.

Zu den ökologischen Folgen des Tabakanbaus gehörten die Auslaugung des Bodens durch Tabakmonokulturen, die Verseuchung des Grundwassers durch Chemikalien und die Tropenwaldzerstörung.

Die Kampagne, die 2004 startete, richtet sich unter anderem an SchülerInnen und Studierende. Hierfür fertigte Stratenwerth und ihr Team einen Film, eine Ausstellung und eine Infobroschüre an, die den Namen „Big Tobacco: Profits and Lies“ tragen und Schulen, Universitäten und anderen Bildungseinrichtungen wie Bibliotheken bei Bedarf zur Verfügung gestellt werden. Fünfzig Einrichtungen aus Berlin und Brandenburg, aber auch aus dem gesamten Bundesgebiet, nahmen das Angebot bereits wahr. „Wir freuen uns, dass die Kampagne auf so großes Interesse gestoßen ist“, resümiert Stratenwerth zufrieden.

Das Engagement für die Betroffenen der Tabakindustrie verdeutlicht, worum es bei BLUE 21 geht. Seit ihrer Gründung 1995 kämpft die Organisation für die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für Themen wie Welthandel, internationale Finanzmärkte und Verschuldung sowie natürliche Ressourcen. Dabei treibt sie vor allem eine Frage um: „Wie kann eine soziale, ökologische und ökonomische Entwicklung der Länder des globalen Südens aussehen?“, erklärt Jan Dunkhorst, Vorstandsmitglied und Gründer von BLUE 21.

Für Länder, die von der Tabakproduktion abhängig sind, hat BLUE 21 eine eindeutige Antwort. In dem Land müsse der ökologische Landbau gefördert und faire Handelsbeziehung mit anderen Industriestaaten müssten ausgebaut werden. Nur so könne der monokulturelle Anbau zurückgedrängt und könnten die Bauern aus ihrer misslichen Lage befreit werden. „Wir fordern, dass Landwirte von ihren Erträgen leben können. Sie hungern, obwohl sie einen großen Teil zur Wirtschaftsleistung des Landes beitragen“, sagt Stratenwerth. In Brasilien werden Landwirte, die ihre Produktion umstellen wollen, aktiv vom Staat unterstützt.

In den letzten vier Jahren führte BLUE 21 ähnliche Kampagnen zum Thema Agro-Energie durch. Wie Dunkhorst berichtet, stelle der Agro-Treibstoff, der als Alternative zu Öl gehandelt wird, für die Umwelt und die Bevölkerung in Mosambik und Tansania ein mindestens genauso großes Problem dar wie Tabak. Vor allem die Verschärfung der Hungersituation sei eine ernstzunehmende Folge.

Bei beiden Themen arbeitete die Gruppe mit transnationalen NGOs, Gruppen und PolitikerInnen aus den jeweiligen Regionen zusammen. „Der Austausch auf Augenhöhe ist uns sehr wichtig und auch dringend notwendig“, erklärt Dunkhorst. Nur so könnten Probleme richtig angepackt werden. In Malawi kooperierte die Gruppe mit sozialen Organisationen und Studierendengruppen.

Wer die Gruppe unterstützen möchte, kann sich inhaltlich einbringen und bei der Organisation von Aktionen mithelfen. Ansonsten besteht die Möglichkeit, über BLUE 21 ein Freies Ökologisches Jahr in einem anderen Land abzuleisten. „Wir verstehen uns als eine Anlaufstelle für junge Leute, die sich politisch engagieren wollen“, appelliert Dunkhorst, sich bei BLUE 21 zu melden.

LUKAS DUBRO