Stefan Osterhaus schaut sich in den Galerien von Berlin um

Der Spiegel ist ein Werkzeug menschlicher Eitelkeit. Das vor allem. Aber nicht nur. Er ist nützlich, manchmal kann er sogar lebensrettend sein, in jedem Fall aber ist er eines: aussagekräftig. Er enthüllt Augenringe, Pickel und Mitesser. Er enthüllt schlechtes Make-up und sonst noch was. Und was so ein ungeschminkter Blick in den Spiegel so alles bereithält, davon erzählt unter anderem „Aus Film, Funk und Fernsehen“ bei Marcus Deschler, die allerlei Künstler der Galerie zu Berlinale zeigt, obschon die Verbindung zu Film und Fernsehen nicht immer offenkundig, manchmal aber partout nicht zu übersehen ist. Auch dabei und immer wieder gern gesehen: ein TV-Textbild, das immer in jenen Stunden gesendet wurde, wenn das Programm zu Ende war. Das interessanteste Exponat der Ausstellung kommt von Deborah Sengl: Ein Mann sitzt vor einem Spiegel und macht sich fein. Er ist beinahe ausgeh- oder bühnenfertig, die letzten Handgriffen fehlen noch. Auf der Kommode liegt ein Schafskopf. Und wer ihm über die Schulter und in den Spiegel schaut, der erkennt ein Mopsgesicht, das er gerade im Begriff ist, aufzusetzen, und das er wohl gegen den Schafskopf getauscht hat. Fabelhafte Idee. Selten ist dem inneren Schweinehund so verschmitzt der Spiegel vorgehalten worden. Reduzierter geht es bei Figge von Rosen zu, Ignacio Uriarte präsentiert „Arbeitsrhythmus“ als eine halbstündige Klanginstallation; ein gerahmter Druck mit der Aufschrift ASDFGHJKLÖ wird von zwei Lautsprechern flankiert, es ist also die klassische Schreibmaschinen- bzw. Tastaturanordnung, die Uriarte gewissermaßen als Chiffre zum Bezugspunkt seiner Arbeit gemacht hat. Blixa Bargeld sagt die Buchstabenfolge auf, in gesteigerter Intensität. So finden Punk und Ordnungssystem zusammen und vertragen sich sogar.

■ Aus Film, Funk und Fernsehen; bis 14. 4., Di.–Fr., 11–18 Uhr, Galerie Deschler, Auguststr. 61 ■ Ignacio Uriarte; bis. 17. 3., Mi.–Sa., 11–18 Uhr, Figge von Rosen, Potsdamer Str. 98