Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Die Vorstellung, dass das Frausein eine Krankheit ist, hat lange die männliche Medizin beherrscht. Figuren wie der Psychiater Paul Julius Möbius gelten heute zwar eher als Bewohner eines medizinhistorischen Gruselkabinetts. Und trotzdem ist sein Werk „Über den physiologischen Schwachsinn des Weibes“, das den Frauen eine ziemlich totale Minderbemittelung quasi wissenschaftlich bescheinigte, ziemlich folgenreich gewesen. Lieferte es doch jede Menge Argumente, dass Frauen nur Menschen zweiter Klasse sind. Und wenn auch mancher heute den altbackenen Feminismus belächeln mag: So recht überflüssig ist er immer noch nicht geworden. „Non Tutta – Nicht-Vollkommene“ haben die Performerinnen Anne Tismer und Silvia Albarella ihren Abend in den Sophiensaelen genannt, der noch einmal Ausflüge in Vorstellungen von einer psychischen Erkrankung namens „Hysterie“ unternimmt, die im 19. Jahrhundert entstanden sind. Dabei versuchen sie auch, die Krankheit als Metapher zu lesen. Unterstützt werden sie dabei vom Videokünstler Sirko Knüpfer. „Sperrzone Japan“ hat das Deutsche Theater einen Abend am Samstag überschrieben, an dem ein Jahr nach der Erdbebenkatastrophe in Japan, in dessen Folge es in drei Reaktorblöcken des Kernkraftwerks Fukushima zu Kernschmelzen kam, nach den Folgen gefragt wird. Unter anderem mit Texten, die der Dramatiker Nis-Momme Stockmann über seine Eindrücke aus der Todeszone schrieb. Das Stück „Little Boy“ des 2010 verstorbenen japanischen Schriftstellers Hisashi Inoue über die Bombe von Hiroshima zieht die Linie zu einer anderen japanischen Nuklearkatastrophe. Am Samstag kommt dann in der Volksbühne auch endlich Frank Castorfs Inszenierung „Marquise von O“ heraus, die wegen der Erkrankung eines Schauspielers verschoben werden musste.

■ „Non-Tutta“: Sophiensaele, ab Sa.

■ „Sperrzone Japan“: Deutsches Theater, Sa. ab 18 Uhr

■ „Die Marquise von O“: Volksbühne, ab Sa.