Battle of Britpop

Ironie ist nicht unbedingt Noel Gallaghers Stärke. Als Songwriter und Lead-Gitarrist von Oasis, der Band seines betrunkenen Bruders Liam, versuchte er sich an der sehr ernsthaften Rekonstruktion des Sounds seiner Lieblingsband, den Beatles. Und während jene von der künstlerischen Rivalität von Lennon und McCartney getrieben zu immer neuen Höhen sich aufschwangen, wiederholten Liam und Noel die Geschichte als Farce und stritten sich unter den Augen der Boulevardpresse darum, wen die Mama früher lieber gehabt hat.

Und während man gerne glauben möchte, dass für Noel der persönliche Umgang mit dem jüngeren Bruder die reinste Qual gewesen sein muss, so hatte es doch für interessierte Beobachter eine unterhaltsame Note, als Liam sich bei Konzerten krank meldete, nur um dann aus dem Publikum heraus über die mäßige Leistung der Band zu pöbeln.

Da alles interne Gehacke richtigen Rockstars nicht genügen kann, um der Welt ihre Bedeutung mitzuteilen, brauchte auch Oasis einen ordentlichen externen Antagonisten. Auftritt Blur. Von der britischen Musikpresse in Stellung gebracht, war der finale Schlagabtausch 1995 die gleichzeitige Veröffentlichung der Singles „Roll with it“ (Oasis) und „Country House“ (Blur). Als „British Heavyweight Championship“ wurde das aufgemacht, und das Kalkül des Blur-Frontmannes Damon Albarn ging auf. Die Rivalität mit der bis zum Schluss kommerziell erfolgreicheren Band der Gallagher-Brüder half Blur zu neuer Popularität, in diesem Falle überholten sie Oasis sogar in den Verkaufszahlen. Ironisch, nicht wahr?

Finanziell aber schnitten Oasis besser ab, ihre Single wurde schließlich zu einem höheren Ladenpreis verkauft. Noel Gallagher aber musste Damon Albarn in einem wütenden Interview unbedingt noch Aids an den Hals wünschen. Dafür entschuldigte er sich zwar umgehend, man war aber doch versucht, Liam auf ein Oasis-Konzert zu begleiten und mit ihm gemeinsam den Bruder aus dem Publikum heraus zu verhöhnen. Inzwischen sind alle älter geworden. Damon Albarn hat es mit den Gorrilaz geschafft, Oasis auch international den Rang abzulaufen. Liam Gallagher betrinkt sich mit dem Rumpf der vormaligen Band jetzt wieder auf der Bühne und Noel Gallagher versuchte sich mal in Ironie. High Flying Birds nannte er seine neue Band, was ein hübscher Name für eine kleine Clubcombo gewesen wäre. Da diese jedoch, so kann man anhand der Begeisterung von Fans und Presse sagen, ganz schön hoch fliegen, hat das mit dem entspannten Augenzwinkern mal wieder nicht so ganz geklappt. Gibt aber Schlimmeres. DANIÉL KRETSCHMAR

■ Noel Gallagher’s High Flying Birds: Max-Schmeling-Halle, 9. 3.