Eher keine Soundtapeten für den nächsten Cocktailabend: Ambientales mit Golden Diskó Ship und Shrubbn!!

Was ist eigentlich Ambient? Eine Antwort gibt, natürlich, der gute alte Duden. „Ambientsound“ ist dort verzeichnet und wird so erklärt: „Erholsame Umgebungsmusik, bei der ruhige, sphärisch-elektronische Klänge dominieren.“ Man könnte jetzt noch hinzufügen, dass Erik Satie als prägende Figur dieses Klangentwurfes gilt, den wir heute unter Ambient verstehen, und der Begriff selbst wohl von Brian Eno erfunden worden ist. Allerdings: 34 Jahre nachdem dessen „Ambient 1: Music for Airports“ erschienen ist, steht Ambient längst nicht mehr für Avantgarde, sondern ist den meisten bloß noch ein Schimpfwort. Wer es benutzt, meint: eine belanglose, nichtssagende Soundtapete.

Dass das auch anders geht, beweisen Shrubbn!! und Golden Diskó Ship. Hinter dem zweiten Projektnamen verstecken sich die 27-jährige Theresa Stroetges und ihr Laptop. Dem entlockt die Wahlberlinerin für ihr erstes Album „Prehistoric Ghost Party“ ein Schaben und Summen, weihevolles Brummen und würdiges Qietschen, als könnten die Maschinen, seit sie die Macht übernommen haben, vor lauter Verantwortung nicht mehr ruhig schlafen. Es sind tatsächlich Albträume, die auf dem Golden Diskó Ship in Töne gefasst werden, aber diese Nachtmahre sind so körperlos, als würden sie nicht von Menschen geträumt, obwohl Stroetges immer mal ihre ätherische Stimme einsetzt. Dann huscht sie ein paar Melodien hin, als würde sie kurz den Staub, der sich in der nächtlichen Einsamkeit angesammelt hat, wegwedeln wollen. Damit es aber nicht vollständig esoterisch wird und der Hörer nicht über den Rand der bekannten Welt ins Nichts abstürzt, hat Stroetges immer mal wieder eine kantige Wand aus fiesen atonalen Gitarren aufgebaut. Nein, als „erholsame Umgebungsmusik“ taugt dieser Ambient ganz entschieden nicht.

Auch Shrubbn!! haben für „Echos“ so weitläufige Hallräume entworfen, dass sich der Hörer in ihnen prima verlaufen kann. Aber auch das gemeinsame Projekt von Marco Haas, der unter dem Namen T.Raumschmiere und als Chef des Labels Shitkatapult berühmt wurde, und Ulli Bomans, der in bereits so vielen Projekten musizierte, dass eine Aufzählung den Rahmen sprengen würde, verfährt nach einem ähnlichen Prinzip. Zwar gehen sie von grundsätzlich gröberen Klängen aus und bedienen sich aus einem Spektrum, das zwischen Punkrock und Electro-Beats liegt. Aber die einzelne Fundstücke, ob böser Industrial-Lärm oder monotoner Minimal-Techno-Beat, erfüllen nicht mehr ihre ursprüngliche Funktion, sondern sind nur noch blasse Schatten ihrer selbst. Das wirkt dann erst einmal tatsächlich „ruhig, sphärisch-elektronisch“, aber wenn man genau hinhört und hinter die scheinbar sedierende Fassade dringt, dann sind die einzelnen Geräusche zu beunruhigend, die Collage der Klänge zu verunsichernd, die Komposition zu aufwühlend.

Deshalb steht zu befürchten: Weder „Echos“ noch „Prehistoric Ghost Party“ werden eine Karriere als Soundtapete für den nächsten Cocktailabend einschlagen können. Und der Duden muss womöglich bald aktualisiert werden. THOMAS WINKLER

■ Golden Disko Ship: „Prehistoric Ghost Party“ (Klangbad/Broken Silence), Record Release Party am 28. 4. im Kater Holzig

■ Shrubbn!!: „Echos“ (Shitkatapult/Alive)