Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Die Performancegruppe Lovefuckers hat ein besonderes Händchen für arme Kerle. Für Typen wie Muammar al-Gaddafi zum Beispiel, dem sie mit „King of the Kings“ ein ebenso prophetisches wie herzzerreißendes kleines Theaterstück widmeten, als alle Welt diese seltsam kostümierte brutale Diktatorenfigur noch für ein völlig normales Mitglied der internationalen Politikerfamilie hielt. Nun steht in den Sophiensaelen ein neues Stück auf dem Programm: „Fixen – Die Ballade von der medialen Abhängigkeit“ ist es überschrieben und streift durch die durchgeknallten Botox-Welten von Los Angeles. Dort treffen sie auch auf einen Journalisten, der auf der Borderline zwischen Größenwahn und Komplex die Balance verliert und abstürzt. Für Junkies gibt’s als Zugabe am Freitag um halb elf noch die höchst eigene Lesart des Märchens vom Rotkäppchen. Ein Borderliner ist auch Monsieur Harpagon, der zwischen den Polen der berühmten Räuberfrage „Geld oder Leben?“ abhanden kommt. Vor circa 450 Jahren machte ihn Molière zum Gegenstand einer bösen Komödie. In Zeiten wie diesen, wo wir nicht wissen, ob wir den Gürtel nur enger schnallen oder uns lieber gleich mit ihm aufhängen sollen, hat Harpagon natürlich Konjunktur. Kein Geringerer als Frank Castorf hat ihn nun zum Gegenstand einer ganz eigenen politischen Ökonomie gemacht. Damit das Theater (also wir!) auch auf unsere Kosten kommen, ist die Titelrolle mit Martin Wuttke besetzt. Premiere von „Der Geizige“ ist Freitag. Im Deutschen Theater werden heute Abend die Autorentheatertage eröffnet, die herausragende Uraufführungen zeitgenössischer Dramatik nach Berlin geladen haben, zum Beispiel am Samstag und Sonntag Dusan David Parizeks Zürcher Inszenierung „Faust 1–3“ mit Elfriede Jelineks Faust-Fortschreibung „FaustIn and out“.

■ „Fixen“: Sophiensaele, Do., Fr., So.

■ „Der Geizige“: Volksbühne, ab Fr.

■ Autorentheatertage: Deutsches Theater, 5.–16. Juni