Kolumne: Was für ein Mann!

Zwei oder drei Missverständnisse über das männliche Ritual des Grillens

Grillen ist Männersache. Das ist auch so ein Gesetz. Selbst Typen, die ohne Schwierigkeiten eingestehen, nur ungern oder gar nicht zu kochen, glauben, wenigstens das zu beherrschen: Grillen. Mit Kochen hat das landläufig ganz wenig zu tun. Den Grill aufbauen, sich an ein paar Schrauben und Klammern die Finger aufreißen, sich dann die Hände mit der Holzkohle schmutzig machen und anschließend erst mal richtig einheizen. Der Spiritus spritzt, das Zippo-Feuerzeug zippt, und nach wenigen Augenblicken ist die Kleidung so verräuchert, als ob man eine Woche unter Holzfällern verbracht hätte. Herrlich. Nach so viel Arbeit dürfen es am Ende auch paar Stück Fleisch mehr auf dem Teller sein und auch ein paar Flaschen Bier mehr dazu. So stellt Mann sich das vor. Ich jedenfalls.

Neulich im Tiergarten, noch immer der Berliner liebster Grillplatz. Wenigstens einmal im Jahr muss es sein, hier Kohle hinzuschleppen, Bier, Fleisch und das Klappgrillgerät vom Balkon oder auch das Einweggerät von der Tankstelle.

Und so sieht das dann aus: In Sichtweite des Schlosses Bellevue stehen in Reih und Glied kleine Rauchsäulen zwischen den Bäumen. Um eine lag ich mit ein paar Freunden, in Sichtweite saß ein türkischer Junge zwischen Tüten und Kühltaschen auf einem Klappstuhl und hielt den Platz besetzt, wo seine Familie schon seit Jahren jeden Samstag grillt. Ich hatte schon meine Espressokanne in unsere abklingende Glut gestellt.

Wir warteten auf den Kaffee, als noch einmal neue Gäste kamen. Die drei Männer trugen einen Kasten Bier und einen Karton auf die Wiese, setzten sich hin und schauten sich um. Lange: "Tja, den Grill haben wir ja, Kohle auch. Muss eigentlich nur noch aufgebaut und angezündet werden." - "Ich nehm mir erst mal ein Bier. Bevor es warm wird." - "Ich auch. Die anderen haben das doch schon öfter gemacht. Die kennen sich besser aus."

Und dann saßen die drei weiter rum und nuckelten an ihren Becks-Flaschen und warteten. Inzwischen blubberte die Espressokanne. "Haben wir überhaupt Spiritus dabei?" - "Ich glaube, es gibt da so Brennpaste." - "Also, ich nehm mir mal den Grill vor."

Kurzentschlossen packte einer der Männer den Karton aus, nahm die Feuerpfanne, schraubte die drei Standfüße und den Windfang an und stellte den Grill auf. Das gab echten Applaus. Dann machten die drei die nächste Runde Bier auf und setzten sich neben den glänzenden, fabrikneuen Grill. Zwei weitere Runden später kamen endlich mit großem Hallo die anderen, hauptsächlich Frauen, und es wurde beschlossen, nun aber ganz schnell Feuer zu machen. Alle waren hungrig. "Macht ma. Ich muss noch ein paar Bier wegbringen." - "Au ja, wo sind hier die Dixie-Klos?"

Weg war das Trio. Die Übrigen packten erst mal aus und erzählte sich, was gleich alles auf den Rost sollte: "Ich hab Auberginenröllchen mitgebracht." - "Baked Potatoes und Sour Cream mit ganz wenig Knoblauch." - "Habt ihr schon mal Marshmellows gegrillt?", fragte eine Dritte. Und eine andere hatte wiederum Gemüseschiffchen in Alu eingepackt. Keine Rede von Fleisch, kein Wort von Würsten.

Eine Frau hatte bisher ziemlich still dabei gesessen: Mohnblüten auf dem gelben Kleid und Zöpfe. Sie stand auf einmal auf sagte: "Leute, jetzt machen wir erst mal Feuer, und dann gibts Fleisch." Dann ging sie zu dem chromglänzenden Grill, nahm die Kohle, schüttete, dass ihr ganzes Kleid vollstaubte, machte sich die Hände schmutzig und pustete und pustete. Und blieb dabei allein.

Als wir gingen, verteilte die Frau im Blümchenkleid gerade duftende T-Bone-Steaks, und das Männertrio gab fachmännische Kommentare zum Unterschied zwischen Barbecue und Grillerei ab und was Holzkohle von Gas unterscheidet, aber keinen Ton über die Steaks. Die Frau sah die drei an, sagte nichts, sondern wischte sich nur den Schweiß von der Stirn. Ein wunderschöner schwarzer Streifen blieb über den Augenbrauen zurück. Und ich dachte nur: Was für ein Mann!

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