„Grillen ist riskant“

GEFAHRENMANAGEMENT Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach löscht ab: Vorsicht, Grillfleisch!

■ Leben: Professor für Gesundheitsökonomie, momentan im Bundestag

■ Feinde: Nahrungsmittelfirmen, die sich weigern, den Salzgehalt anzugeben

■ Sein neues Buch zum Thema: „Gesund im kranken System: Ein Wegweiser“. Rowohlt Berlin, 16,90 Euro Foto: SPD

taz: Herr Lauterbach, kann Grillen tödlich sein?

Karl Lauterbach: Ich will keine Spaßbremse sein, aber wer regelmäßig grillt, erhöht sein Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall zu erleiden.

Was ist denn das Problem: das Grillen oder das Fleisch?

Grillen ist eine besonders ungesunde Art, ungesundes Fleisch zuzubereiten. Fleisch enthält zu viele gesättigte Fettsäuren, die die Gefäße schädigen und das schlechte Cholesterin erhöhen. Beim Grillen werden zudem Fette und Aminosäuren freigesetzt, die die Gefäße direkt belasten.

Der Holzkohlegrill ist ja schon in Verruf geraten, aber gilt das auch für die Backröhre?

Es ist immer schädlich, Fleisch zu grillen. Rind ist übrigens nicht gesünder als Schwein. Wer grillt, sollte lieber Gemüse wählen – oder Fisch.

Diätratgeber stellen gern optimale Tagesmenüs zusammen. Wie sähe Ihres aus?

Die Frage ist falsch gestellt. Bei der Ernährung ist die größte Fehleinschätzung, dass es wichtig wäre, das Richtige zu essen. Es geht darum, das Falsche nicht zu essen.

Also richtig gefragt: Was sollte ein Tagesmenü besser nicht enthalten?

Die Regeln sind simpel. Man sollte nicht zu viele gesättigte Fettsäuren zu sich nehmen. Also keine Vollmilchprodukte, keine Sahne, kein Fleisch. Dann sollte man möglichst wenig Salz essen, denn es erhöht den Blutdruck und fördert damit Gefäßschäden und die spätere Demenz. Außerdem schädigt es die Niere. Zudem sollte man Zucker möglichst meiden.

Fehlen nicht Proteine, wenn sogar Vollmilch verboten ist?

Es gibt keinen Proteinmangel. Wir benötigen 40 Gramm täglich, der Durchschnittsdeutsche isst 80 Gramm.

Gemüse und Vollkornbrot reichen also?

Es kann auch Weißbrot sein. Wissenschaftlich ist nicht gesichert, dass Vollkornbrot deutlich gesünder ist. Viel wichtiger ist der Salzgehalt – und da schneidet das typisch deutsche Schwarzbrot oft besonders schlecht ab.

Klingt nach ewiger Askese.

Es gibt auch gute Nachrichten: Kaffee führt nicht zum Herzinfarkt, dunkle Schokolade ist gesund, auch Alkohol in Maßen.

Bei den deutschen Ärzten scheinen Ihre Thesen aber keine große Zustimmung zu finden.

Deutsche Ärzte haben in diesem Bereich leider wenig Ahnung, denn evidenzbasierte Ernährungsmedizin kommt im Studium nicht vor. Deswegen sind viele Ärzte selbst unnötig krank.

INTERVIEW: ULRIKE HERRMANN