Schauspieler Morris über "Illuminati": "Wieso Tom Cruise?"

Thomas Morris stand für "Illuminati" mit Tom Hanks vor der Kamera. "Zwei Monate Schlaraffenland", sagt er. Und spricht über Meditation, Pellkartoffeln und Tom Cruise auf der Kiste.

Zufrieden auch ohne Superstar-Status: Thomas Morris. Bild: nik konietzny

1966 in Wien geboren, wo er auch aufwuchs und eine Ausbildung zum Landschaftsgärtner machte. Von 1987 bis 1990 besuchte er die Schauspielklasse des Franz-Schubert-Konservatoriums. 1997 verließ er Wien, seitdem lebt er in Berlin und Los Angeles.

Neben zahlreichen Auftritten im deutschen Fernsehen ("Polizeiruf 110", "Der Bulle von Tölz", "Die Schatzinsel") und Film ("Kubanisch Rauchen", "Pigs will fly") ist Morris auch immer wieder in großen internationalen Kinoproduktionen zu sehen, etwa in "Schindlers Liste" (1993), "Tristan und Isolde" (2006) und "The International" (2008).

Heutet startet die Dan-Brown-Verfilmung "Illuminati" in den deutschen Kinos. Darin spielt der Österreicher den Schweizergardisten Urs Weber.

Thomas Morris schreibt Kurzgeschichten, Gedichte und Drehbücher. Sein jüngstes Buch, "Ganz weit draußen", ist seit Februar 2007 im Handel.

taz: Herr Morris, was könnte ich in einem Ihrer Meditationsseminare von Ihnen lernen?

Thomas Morris: Ich habe schon länger keins mehr gegeben, aber prinzipiell habe ich immer versucht, den Teilnehmern möglichst viele verschiedene Meditationstechniken vorzustellen. Das war weder besonders hochgestochen noch extrem spirituell.

Warum ist Spiritualität Ihnen wichtig?

Das liegt in der Familie. Meine Mutter ist Astrologin, mein Bruder hat sich schon in frühen Jahren immer wieder in den Aschram zurückgezogen. Mir ist während der Schauspielschule klar geworden, dass ich einen Ausgleich brauche, der mich immer wieder auf mich selbst zurückwirft. Das Wesen meines Berufs ist ja, dass ich raustrete aus mir selbst und mich von anderen begutachten und bewerten lasse, was natürlich sehr leicht dazu führt, sich selbst zu verlieren und permanent irgendwas darzustellen, eine Rolle zu spielen.

Ist das eine Beobachtung, die Sie bei Kollegen machen?

Ja, bei vielen.

Worin äußert sich das?

In einem manischen Schreien nach Aufmerksamkeit, zum Teil auch darin, dass es doch eine Menge Kollegen gibt, die Alkohol und Drogen sehr zugeneigt sind.

Sind Sie ein geselliger Mensch oder eher Einzelgänger?

Ich bin vom Sternzeichen ja Zwilling, also beides. Ich genieße den Trubel beim Drehen, zwischendurch muss ich aber mal ein, zwei Tage allein wandern gehen oder zwei Stunden durch den Grunewald laufen. Sportarten, für die ich mich mit jemandem zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort verabreden musste, waren für mich immer das Grauen.

Wie häufig ist Ihr spiritueller Rat am Set gefragt?

Selten. Ich versuche, das für mich zu behalten, denn ich finde nichts schlimmer als oberflächliche, laienhafte Diskussionen über Spiritualität. Leider ist es aber in den letzten Jahren in Mode gekommen, dass jede zweite Schauspielerin ihren Guru hat. Die Gurus sind wie Schlaghosen - plötzlich in und nach zwei Jahren wieder out.

Mit einem Freund schreiben Sie auch Drehbücher. Warum wurde noch keins verfilmt?

Wir haben Stoffe geschrieben, die wir schreiben wollten: ohne darüber nachzudenken, ob das teuer oder billig ist, schwierig oder leicht zu machen. Ein Buch, ein Roadmovie, das jeder, der es bislang gelesen hat, grandios fand, hatte beispielsweise das Problem, dass es in den USA spielen muss und nicht in Brandenburg spielen kann, weil sein Prinzip Weite ist. Das war Produktionsfirmen und Senderverantwortlichen schwer zu vermitteln.

Aber wäre es nicht professioneller, solche nicht besonders überraschenden Einwände vorherzusehen?

Ich halte es nicht für professionell, mich immer nach der Decke zu strecken, das zu machen, was ein paar Menschen gerade für richtig halten. Genau deswegen braucht ein Buch in Hollywood manchmal acht Jahre, bis es finanziert ist, weil Menschen sagen: Das ist genau der Film, den ich machen will.

Sind Sie manchmal ein bisschen stur, Herr Morris?

Ja, bestimmt.

Fällt es Ihnen dann nicht sehr schwer, sich in einer großen Produktion wie "Illuminati" unterzuordnen?

Nein, weil in so einem großen Gefüge zwar jeder wissen muss, wo sein Platz ist, aber so starke Menschen wie Ron Howard und Tom Hanks bei der Arbeit Menschen um sich herum haben wollen, die eine klare Meinung haben und dazu auch stehen. Je stärker die Menschen sind, mit denen ich zusammenarbeite, desto stärker muss auch ich sein. Tom Hanks etwa mag keine Menschen, die ihm das erzählen, wovon sie glauben, dass er es hören will, weil permanent Menschen vor ihm niederknien.

Ihre Antwort legt nahe, dass es sich bei Tom Cruise um keinen starken Menschen handelt.

Wieso Tom Cruise?

Weil ich gelesen habe, dass Sie keine Chance auf eine Rolle in "Operation Walküre" hatten, weil Sie größer sind als er.

Man hat mir zwei kleinere Rollen angeboten, die im Hintergrund spielen sollten: die eine in einer Szene ohne Tom Cruise und die andere im Hintergrund, damit das Größenproblem nicht auftaucht. Es war eine ganz klare Castingansage in Deutschland, dass Schauspieler gesucht werden, die unter 1,70 Meter sind. Jeder, der größer ist, durfte nur den dritten Nazi von hinten links spielen.

Ist eine solche Vorgabe üblich?

Nein, das ist in der Deutlichkeit nicht üblich. Aber ich habe auch Verständnis dafür, dass Tom Cruise nicht in jeder Szene auf einer Kiste stehen will. Als Schauspieler bin ich in Castings schon viel zu häufig an solchen Äußerlichkeiten gescheitert, als dass ich mich darüber noch aufregen könnte.

Wie ich Ihrem Drehbericht für ein österreichisches Magazin entnehmen konnte, waren Sie hellauf begeistert von den Dreharbeiten mit Tom Hanks und Ron Howard.

Tatsächlich war es für mich in 20 Jahren das wahrscheinlich schönste Dreherlebnis überhaupt. Ich war zwei Monate lang von ausschließlich netten, hoch motivierten, hoch professionellen, gut gelaunten, witzigen Menschen umgeben, das Essen war gut, der Kaffee auch. Das waren zwei Monate im Schlaraffenland.

Was hat Sie besonders beeindruckt?

Als ich ans Set kam, war Tom Hanks der Erste, der auf mich zukam und sich mir vorgestellt hat: Hi, Im Tom. Great to have you on the project. Er weiß ja, dass Leute erst mal unsicher auf seine Anwesenheit reagieren. Hier habe ich es oft genug erlebt, dass ich irgendwo drehe, und nach einer Woche frage ich einen Kollegen, wer denn die Frau ist, die da immer im Hintergrund rumsteht und guckt. Antwortet der: "Das ist unsere Produzentin." Die Frau, die mich angestellt hat, die mein Geld bezahlt, findet es nicht der Mühe wert, mal vorbeizukommen und sich vorzustellen - unglaublich!

Sie profilieren sich mit "Illuminati" weiter als Schauspieler in großen internationalen Produktionen - in den Feuilletons allerdings erntet der Film vor allem Häme.

Häme ist eines der größten Probleme der deutschen Filmindustrie: Es ist hierzulande wahnsinnig schwer, etwas zu machen, was als das, was es ist, angenommen wird.

"Ich muss kein Superstar werden", haben Sie mal gesagt. Gilt das heute immer noch?

Ja, ich muss kein Tom Hanks mehr werden, das ist mir zu exponiert. Andererseits habe ich in den letzten Jahren meine Pressearbeit intensiviert, weil ich gemerkt habe, dass sonst immer die gleichen Kollegen, die auch nicht mehr zu erzählen haben als ich, die ganze Aufmerksamkeit bekommen. Ich wäre mit dem Status von Stellan Skarsgard schon sehr zufrieden. Der kann ohne Bodyguards in Rom über die Straße laufen und trotzdem wunderbare Filme machen.

Werden Sie Hollywood nachtrauern, wenn Sie das nächste Mal eine deutsche Serie drehen?

Nein. Zum einen sind deutsche Serien teilweise wesentlich besser als ihr Ruf, und andererseits sind solche Drehbedingungen wie bei "Illuminati" auch in Hollywood nicht alltäglich. Beides ist mein Beruf. Und wenn ich immer nur das Beste esse, wird es irgendwann langweilig. Zwischendurch muss es auch mal Pellkartoffeln geben.

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