Eine private Frau

Vom Kreisssaal in den Élysée: Die französische Justizministerien Dati gönnt sich keine Babypause

Die französische Justizministerin Rachida Dati spielt die Superfrau – fünf Tage nach ihrer Entbindung per Kaiserschnitt ist die 43-Jährige bereits wieder im Einsatz. Auf den Mutterschutz hat sie verzichtet. Schon an ihrem ersten Arbeitstag am Mittwoch erledigt sie vier Termine. Am Donnerstag war sie im Rathaus des 7. Pariser Arrondissements, dessen Bürgermeisterin sie ist. Sie tut all dies wie vor ihrer viel kommentierten Schwangerschaft: auf Stilettoabsätzen, im eng taillierten Kostüm.

Der Boulevard würdigt die Auftritte mit ausführlichen Berichten. Doch gleichzeitig beginnt eine öffentliche Polemik. „Wenn ich eine Beschäftigte fünf Tage nach einer Niederkunft wieder arbeiten lasse, gehe ich direkt ins Gefängnis“, sagt Sophie de Menthon. Die Geschäftsfrau, Präsidentin der Vereinigung mittelständischer Unternehmen „Ethic“, befürchtet, dass Dati „der Sache der Frauen schadet“. In der Lyoner Zeitung Progrès wüsste der Kommentator gerne „den Namen des Patrons von Madame Dati“: Er möchte ihm „ein paar Fragen über sein Familienverständnis stellen“.

Datis Sprecherin erklärte den Umgang mit der Mutterschaft zu einer reinen „Privatsache“. Wer bei Datis vollem Terminkalender unterdessen die am 2. Januar geborene Zohra, das erste Kind der Politikerin, versorgt, ist ebenfalls „Privatsache“. Fest steht, dass es im Justizministerium keine Babykrippe gibt.

Dati, eines von zwölf Kindern nordafrikanischer Einwanderer, hat eine französische Tellerwäscherkarriere hinter sich. Der Öffentlichkeit wurde sie im Präsidentschaftswahlkampf bekannt. Damals fiel sie als Sarkozys Sprecherin mit einem Stil auf, der dem ihres Chefs zum Verwechseln ähnelt. Nach der Wahl bekam sie das Justizministerium, in dem Sarkozy mehrere tiefgehende Reformen anstieß: von der Schließung von Provinzgerichten, über die Einführung von Pauschalstrafen, bis hin zu lebenslänglicher Sicherheitsverwahrung für bestimmte Straftäter. Für Dati bedeutete das Frontalopposition mit den Beschäftigten in ihrem Bereich. Wo immer sie auftrat, gab es Demonstrationen und Streiks – von Richtern, Anwälten und Gefängnisbeschäftigten. Kurz vor Jahresende verlor sie auch noch die ostentative Rückendeckung durch Sarkozy und Regierungschef François Fillon. Letzterer kritisierte, dass Dati die Inhaftierung von 12-Jährigen in bestimmten Fällen als „Sache des gesunden Menschenverstands“ bezeichnete.

Was Dati trotzdem in positiven Schlagzeilen hielt, waren ihre Schwangerschaft und ihre mondänen Auftritte. Hinzu kam eine öffentliche Spekulation über den Vater ihres Kindes. Seit Dati im vergangenen Sommer erklärt hatte, dass sie „ein schwieriges Privatleben“ habe und gar nicht daran denke, den Namen des Vaters zu enthüllen, bekam das ungeborene Kind beinahe wöchentlich neue Väter. Im Gespräch waren unter anderem der französische Präsident, der spanische Exregierungschef, der französische Sportminister sowie mehrere Unternehmer. Die meisten Herren dementierten. Als Letztes erweiterte Sarkozys jüngerer Bruder François den ständig wachsenden Kreis der potenziellen Väter der kleinen Zohra. DOROTHEA HAHN